Tschechisches Totalitarismus-Forschungsinstitut im Streit mit europäischer Dachorganisation
Das Institut für das Studium totalitärer Regime in Tschechien (ÚSTR) ist eine Institution, die ähnlich der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde funktioniert. Sie soll die Akten des ehemaligen kommunistischen Geheimdienstes verwalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Seit vergangenem Jahr aber ist das Institut permanent in den Medien, denn der ehemalige Direktor wurde abberufen und das Wort eines linken Putsches machte die Runde in Medien und Politik. Nun hat eine Dachorganisation europäischer Institute zur Dokumentation totalitärer Verbrechen die Mitgliedschaft des tschechischen Instituts ausgesetzt.
Konkret geht es um die politische Vergangenheit einiger Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Instituts. Sie sollen Mitglieder der kommunistischen Partei gewesen sein. Die Plattform hatte deswegen eine Erklärung gefordert, welche Funktionen diese Personen in der Partei hatten. Die Vorsitzende des Aufsichtsrates des Instituts, Emilie Benešová, weist die Forderung der Plattform zurück:
„Ich denke, wir sind nicht dazu da, Kaderakten über Mitarbeiter anzulegen. Falls die Plattform Interesse an der beruflichen Vergangenheit dieser Personen hat, soll sie sie persönlich ansprechen. Sie hätten auch Briefe mit den Fragen durch das Institut übergeben können.“Das sollte eigentlich möglich sein, denn beide Organisationen sitzen in Prag im selben Gebäude. Winkelmann sagt, dass die Plattform bereits vor einiger Zeit Auskunft verlangt habe:
„Wir haben das Institut bereits im November darüber informiert, dass sie eine Frist haben bis Jahresende. Diese entstammt einem Beschluss unseres höchsten Gremiums in der Plattform, der Mitgliederversammlung. Die Versammlung hatte entschieden, dem Institut bis Jahresende Zeit zu geben zu klären, ob tatsächlich Personen vom Institut beschäftigt werden oder nicht. Das Institut wußte also, dass anschließend die Mitgliedschaft ausgesetzt wird, es wurde davon schriftlich informiert und 14 Tage nach Jahresende haben wir nun tatsächlich gehandelt.“
Emilie Benešová, die Vorsitzende des Institutsrates, behauptet im Gegenzug, die Plattform wolle sie zwingen, mit der Forderung nach Auskunft über Einzelpersonen Persönlichkeitsgesetze zu verletzten. Sie will daher Konsequenzen aus der Angelegenheit ziehen:„Nächste Woche Mittwoch tagt der Institutsrat, und dort werden wir sicherlich nach einer Lösung suchen. Ich kann erstmal nur meine persönliche Meinung sagen: Ich werde dem Rat vorschlagen, aus der Plattform auszutreten.“
Die Plattform setzt indes auf die Auswahl eines neuen Institutsdirektors Ende Februar. Auf einen Austritt des Instituts möchte die Plattform es nämlich nicht ankommen lassen, sagt Winkelmann:
„Es ist in unserem tiefsten Interesse, dass das Institut in der Plattform verbleibt. Die jetzige Maßnahme ist nur ein Warnsignal, dass nicht nur wir als Führung, sondern die gesamte Mitgliederversammlung es als nicht gut erachtet, was gerade im Institut passiert und das wir eine Veränderung wünschen.“