Tschechisches Zentrum Berlin: März ganz im Zeichen der Literatur und des Figurentheaters
Die tschechische zeitgenössische Literatur ist seit jeher ein Anliegen der Tschechischen Zentren – auf der Buchmesse in Leipzig ist das Berliner Zentrum dann auch sehr aktiv bei der Präsentation tschechischer Autoren beteiligt. Im Gespräch mit der Programmleiterin Christina Frankenberg erfahren sie mehr darüber, aber auch über einen tschechischen Überraschungserfolg auf der Berlinale und über die Figurentheatergruppe „Buchty a Loutky“, die Vorstellungen für jung und alt anbietet.
Genau, das Tschechische Zentrum hat die Aufführung des Films „Příliš mladá noc“, auf Deutsch „Eine viel zu junge Nacht“ begleitet. Der Film lief aber nicht direkt im Wettbewerb, sondern im Forum des jungen Films der Berlinale. In dieser Sektion laufen eigentlich die aufregendsten und innovativsten Filme des Wettbewerbs, gewonnen hat dieses Jahr das Werk eines jungen slowenischen Regisseurs Olmo Omerzu, der an der FAMU in Prag studiert. Es handelt sich hierbei um eine tschechische Produktion von Endorfilm, der Regisseur und der ganze Stab sowie der Produzent waren zu Gast auf der Berlinale und haben den Film in vier oder fünf Vorstellungen in Berlin gezeigt. Der Film war sehr erfolgreich, interessant waren auch die folgenden Filmgespräche, die Säle waren eigentlich bei jeder Vorführung komplett gefüllt mit Zuschauern.
Das Publikum war also von dem Film begeistert?Das Festivalpublikum war sehr angetan! An einem Tag war der Film auch in einer Extraveranstaltung der Berlinale, „Berlinale goes Kiez“ zu sehen. Und der Film wurde auch in einem kleineren Kino außerhalb des Berlinale-Palastes gezeigt. Auch da hat das Publikum sehr positiv reagiert und danach sehr viele Fragen gestellt. Die Filmemacher sagten, dass es für sie wohl die schönste und anregendste Vorstellung in Beriln war. Der Film selbst ist ein relativ kleiner Film, der von der genauen Beobachtung lebt, der psychologisch sehr durchdacht ist eigentlich die Situation eines Kammerspiels repräsentiert. Er erzählt von den zwischenmenschlichen Schwierigkeiten, ist aber auf keinen Fall ein Mainstream-Werk und wird wahrscheinlich nie ein besonders großer kommerzieller Film werden. Trotzdem ist er ein sehr beachtenswertes Werk und lässt erwarten, dass von dem jungen Regisseur bestimmt noch weitere interessante Werke zu erwarten sind.
Der März ist ja der Monat des Buches. Die Leipziger Buchmesse läuft an und auch dort werden ja einige tschechische Künstler zu Gast sein. Was genau wird in Leipzig passieren?Es gibt in Leipzig eine große Auswahl an tschechischen Autoren die dort auf der Messe und zahlreichen Begleitveranstaltungen zu der Messe in der Innenstadt lesen werden. Das Tschechische Zentrum selbst wird dort auch mit drei Veranstaltungen dabei sein. Zum einen stellen wir zusammen mit der tschechischen Buchmesse Svět knihy und dem tschechischen Kulturministerium sowie auch mit dem slowakischen Informationszentrum für Literatur zwei junge Autoren aus Tschechien und der Slowakei vor. Das sind Monika Kopaniková aus der Slowakei und Marek Šindelka aus Tschechien, der jetzt mit einem Erzählband auch für den Magnesia Litera nominiert worden ist. Das wird einen Einblick in die jüngere Literaturszene in der Slowakei und in Tschechien geben. Dann gibt es schon seit vielen Jahren ein Projekt der europäischen Kulturinstitute in Berlin, die sich auf der Leipziger Buchmesse mit ihrem Veranstaltungsprogramm „Kleine Sprachen, große Literaturen“ präsentieren. In diesen Lesungen werden jeweils zwei bzw. drei Autoren aus verschiedenen Ländern vorgestellt, die sich in ihren Werken mit ähnlichen Themen beschäftigen. Für Tschechien wird dieses Jahr Jaroslav Rudiš zu Gast sein, der seinen Roman „Potichu“ vorstellen wird, der diese Tage bei Luchterhand erscheint, in Deutsch heißt das Buch „Die Stille in Prag“. Rudiš wird zusammen mit Autoren aus Zypern und Rumänien lesen, all diese Romane beschäftigen sich mit Umbruchsituationen. Für Svět knihy werden in Leipzig außerdem noch Irena Dousková und Eugen Brikcius lesen, Bianka Bellová und Marek Šindelka werden da zu hören sein.
Ist es eigentlich eine bunte Auswahl an tschechischer Literatur oder gibt es einen Schwerpunkt?Auf dieser Messe werden eigentlich immer zum größten Teil jüngere Autoren vorgestellt, deren Werke noch nicht ins Deutsche übersetzt worden sind. Die werden von der tschechischen Seite vorgestellt, um die deutschen Verlage auf die jungen Autoren aufmerksam und eventuell Angebote zu machen. Extra für die Buchmesse werden dann auch Arbeitsproben ins Deutsche übersetzt, und aus diesen deutschen Texten wird dann auch gelesen und diese werden auch an die deutschen Verlage weitergereicht, um diese auf die jungen Autoren aufmerksam zu machen.
Es wird auch etwas für jüngere Gäste im Tschechischen Zentrum Berlin geben. Buchty a loutky mit „Tři malá prasátka“. Auf Deutsch bedeutet das „Die drei kleinen Schweinchen“. Was genau muss man sich unter einer Figurentheathervorstellung vorstellen?
Das ist eine Theatergruppe, die in den Neunziger Jahren von Absolventen der Prager Theaterhochschule, also der DAMU, gegründet worden ist. Seit damals spielen diese Leute zusammen, sie machen zum einen klassisches Marionettentheater, sind zum anderen sehr innovativ, weil sie in ihren Vorstellungen nicht nur Marionetten benutzen, sondern auch andere Gegenstände beleben. Sie selbst treten während ihrer Vorstellungen auch als Schauspieler auf und benutzen sehr viele Effekte. So arbeiten sie in einigen Vorstellungen auch mit Feuerwerk und Pyrotechnik, mit Wasser und mit Filmbildern. Sie nutzen eigentlich alles, was sie so im alltäglichen Leben oder auch auf Müllhalden finden und integrieren diese Dinge in ihre Vorstellungen. Das hier gezeigte Stück, „Die drei kleinen Schweinchen“, ist aber eher was traditionelleres und wirklich ein Stück für die ganz jungen Kinder ab drei oder vier Jahren. Diese Vorstellung findet aber nicht im Tschechischen Zentrum sondern im Theater Jaro in Berlin statt, das von einer Tschechin und ihrem deutschen Partner betrieben wird.
Wird es auch etwas für die Größeren geben?
Natürlich. Die Vorstellungen für die Erwachsenen finden im ACUT statt, das ist ein Künstlerhaus mit Kino und Theater, in dem sich viele Künstler aus verschiedenen Sparten vorstellen werden. Dort wird für die Erwachsenen das Stück „Tibet“ von Petr Sís aufgeführt werden, was soviel bedeutet wie „Das Geheimnis der Rutenschachtel“. Das Stück erzählt von einer Reise des Autors nach Tibet.
Es wird sicherlich ein ereignisreicher Monat für Sie werden.
Das glaube ich auch, ich freue mich aber sehr auf unsere Gäste in Berlin und in Leipzig und natürlich auch auf die Künstler, die wir ihnen präsentieren werden.