Tusk-Wiederwahl: Tschechien hofft auf Polens Vernunft

Donald Tusk (links). Foto: ČTK

Beim Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel ist EU-Ratspräsident Donald Tusk wiedergewählt worden. Und das gegen den Widerstand seines Heimatlandes Polen.

Donald Tusk  (links). Foto: ČTK
Donald Tusk wird bis Ende 2019 EU-Ratspräsident bleiben. Die Entscheidung war nicht überraschend. Auch der tschechische Botschafter bei der EU, Martin Povejšil, hielt kurz vor dem EU-Gipfel die Wiederwahl des Polen für sehr wahrscheinlich:

„Ich würde es als Warnsignal verstehen, wenn die EU nach dieser Tagung keinen gewählten Ratspräsidenten mehr hätte.“

Dies ist jedoch nicht passiert. Denn für Tusk haben sich alle Staats- und Regierungschefs ausgesprochen – bis auf die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło. Polen kündigte allerdings am Donnerstagabend an, als Protest gegen die Wiederwahl von Donald Tusk die Abschlusserklärung des Gipfels nicht mittragen zu wollen. Die polnische Opposition begrüßte jedoch Tusks Wahl. Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) sagte am Donnerstag in Brüssel:

Radko Hokovský  (Foto: Archiv der Karsluniversität in Prag)
„Ich glaube nicht, dass die Polen künftig ein Veto gegen sämtliche Entscheidungen des Europäischen Rats einlegen wollen. Ich bin davon überzeugt, dass Polen wieder normal kooperieren wird, sobald sich die Gemüter beruhigt haben, die durch Tusks Wahl in Wallung geraten sind.“

Radko Hokovský leitet den Prager Think-Thank „Europäische Werte“. Der Politologe bezeichnet das Verhalten Polens als unglücklich:

„Die polnische Regierung hat die Lage falsch bewertet. Was sie beim Gipfel vollführt hat, erinnert an das Verhalten eines kleinen Kindes, das um sich herum schlägt. Dies ist aber nur eine Seite des Problems. Denn auf der anderen Seite ist Polen ein großer Staat, der in vielen Fragen eine andere Meinung hat als die westeuropäischen Länder, und zwar eine bedeutend konservativere. Polen bildet zudem mit weiteren Ländern Mitteleuropas einen Block, der beispielsweise gegen die Migrationspolitik Westeuropas oponiert. Es wäre höchst unglücklich, wenn die jetzige Haltung Polens dazu führen würde, dass zwischen den EU-Staaten irgendwelche Barrieren entstehen.“