Gute Stimmung und harte Worte: Europäischer Rat tagt in Brüssel
Am Donnerstag und Freitag haben sich die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel getroffen. Heiße Themen standen auf der Tagesordnung, vom Brexit bis zu den Flüchtlingsquoten. Den Ton gaben klar die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der EU-Newcomer, der französische Präsident Emmanuel Macron, an. Doch auch die Visegrád-Staaten, darunter Tschechien, konnten Erfolge bei den Verhandlungen verbuchen.
„Schon lange hatte ich nicht mehr diesen festen Glauben, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen.“
Und das trotz bevorstehendem Brexit. Dabei haben die Visegrád-Staaten eine wichtige Zusage von der britischen Premierministerin Theresa May erreichen können. May bestätigte, dass die rund drei Millionen in Großbritannien lebenden EU-Bürger auch nach einem Brexit im Land bleiben dürften, inklusive aller bisher bestehenden Rechte. Im Vorfeld des Gipfels war das unter anderem von Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) und Präsident Miloš Zeman gefordert worden. Dabei leben 40.000 Tschechen auf der Insel leben, vor allem im Vergleich mit den Polen ist das relativ wenig. Premierministerin May betonte jedoch, dass ein solches Zugeständnis Reziprozität verlange.
Bei weiteren Themen war die Stimmung jedoch längst nicht so gut. Besonders bei der Flüchtlingsfrage zeigte sich ein tiefer Graben zwischen Deutschland und Frankreich auf der einen, und vor allem den Visegrád-Staaten auf der anderen Seite. Der neue französische Präsident Emmanuel Macron ging dabei vor allem Ungarns Premier Viktor Orbán an:„Die EU sei kein Supermarkt, sondern eine gemeinsame Wahl“, so das französische Staatsoberhaupt in Richtung Budapest. Unterstützung bekam der Zentrist dabei von der deutschen Regierungschefin.
Die Reaktionen von den V4-Chefs kamen prompt. So konterte Polens Premierministerin Beata Szydło:
„Es liegt ganz an Macron, den Dialog voranzutreiben. Oder aber jede Möglichkeit zu nutzen, in den Medien Vorurteile gegenüber den mitteleuropäischen Staaten zu schüren. Die Debatte sollte am besten sachlich bleiben.“
Auch der polnische Chefdiplomat Witold Waszczykowski schloss sich der Kritik an Macron an und forderte mehr Respekt gegenüber den Ländern der Region. Auch von einem Verrat der ostmitteleuropäischen Länder könne keine Rede sein, da kenne sich Frankreich besser aus, so der Außenminister als Anspielung an den Zweiten Weltkrieg. Der tschechische Premier Sobotka machte zudem klar, dass die Visgrád-Staaten die Flüchtlingsquoten auch weiterhin ablehnen werden. Erst diesen Monat hat die EU-Kommission Ermittlungen gegen Tschechien, Polen und Ungarn wegen der Nichteinhaltung der Quoten veranlasst.Am Freitag hatte Macron die Möglichkeit, den verpatzten Start zu wiederholen. Er nahm nämlich an einem Treffen der Visegrád-Gruppe teil. Das Ergebnis war jedoch dürftig, wie Premier Bohuslav Sobotka bestätigte, der nach dem Treffen keine Einigung erkennen konnte:
„Es war eine sehr offene Debatte. Wir haben über alle strittigen Themen gesprochen, die derzeit aktuell sind in der EU. Und auch über Dinge, in denen wir mit einer Stimme sprechen.“
Strittige Punkte sind beispielsweise die Lohnpolitik in der EU sowie die sozialen Standards. Dazu Sobotka:„Es gibt immer noch gewaltige Unterschiede bei den Löhnen in der Europäischen Union. Ziel der EU sollte sein, alle möglichen Mittel der europäischen Zusammenarbeit und des gemeinsamen Marktes zu nutzen, um eine Konvergenz zwischen den Staaten herzustellen.“
Letztlich gab es doch Einigkeit in einigen Punkten. So beschloss man eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland um ein weiteres halbes Jahr. Laut Angela Merkel bricht Moskau fortwährend den Waffenstillstand von Minsk. Und auch für eine bessere Sicherung der Schengen-Außengrenzen sprachen sich die 28 Länder aus. Dies dürfte auch ein Zugeständnis an die Visegrád-Vier sein.