Unter'm Strich - Freud-Portraits von Arnulf Rainer in Prag

Ein Bild. Und darunter noch ein Bild. So könnte man, verkürzt, die Arbeiten des österreichischen Künstlers Arnulf Rainer beschreiben. Mit Farbe und Pinsel, Stiften und Kreide verändert er Gemälde, Zeichnungen und Fotos. Zum Sigmund-Freud-Jahr 2006 hat er Portraits des berühmten Seelenarztes übermalt. "Rainer über Freud" heißt eine Ausstellung, die derzeit im Österreichischen Kulturforum in Prag gezeigt wird.

"Rainer hat mit Malerei unter Drogeneinfluss experimentiert. Und auch ohne Drogenhilfsmittel het er sich in Trancezustände versetzt und gemalt. Oder seine gestischen Handmalereien, bei denen er sich durch möglichst hektische Aktivität einer gewissen Gesetzmäßigkeit unterworfen hat, die außerhalb seiner eigenen Steuerung lag",

sagt Walter Persché, Direktor des Österreichischen Kulturforums Prag, über Arnulf Rainer, einen der bedeutendsten Gegenwartskünstler Europas. Immer wieder hat der 75-Jährige in seinem künstlerischen Schaffen versucht, die eigene Psyche zu ergründen. Bewusst bezog er in seine Arbeit ein, was Freud vor über hundert Jahren erforschte - die menschliche Seele. Deshalb, so Walter Persché, sei es geradezu naheliegend gewesen, dass sich Rainer mit Freud auch kreativ auseinandersetze. Anlässlich des Freud-Jahres 2006 wollte er Schwarz-Weiß-Fotos des Psychologen übermalen, erzählt Peter Nömaier vom Sigmund-Freud-Museum Wien.

"Er hat sich die Fotos aus unserem Archiv angesehen und die, die ihn am meisten interessiert haben, ausgesucht. Er bekam vergrößerte Abzüge und die hat er dann übermalt."

Links ein kräftiger roter Pinselstrich, am rechten Bildrand ein tannengrüner Balken. Darunter lässt sich ein helles Gelb erahnen. In der Mitte sitzt Sigmund Freud und blickt wie durch einen offenen Vorhang den Betrachter an, ernst schaut er durch seine runden Brillengläser. Einige der 26 Bilder zeigen den jungen Freud mit ordentlichem Seitenscheitel. Andere einen älteren Herren mit Halbglatze und weißem Bart. Doch immer ist er umgeben von farbigen Rahmen und schwarzen Linien, die sein Gesicht auf unterschiedliche Weise betonen.

"Es gibt Bilder, auf denen Freud auf dem normalen Foto ganz neutral aussieht. Durch die Übermalungen sieht er zornig aus, fröhlich, neugierig. Man entdeckt verschiedene Aspekte, die man auf den Fotos sonst nicht hätte erkennen können",

so Nömaier. Anderthalb Jahre lang hat Arnulf Rainer an den Portraits gearbeitet und dabei, wie er selbst sagt, "Freud ins Gesicht geblickt".

Noch bis zum 17. November zeigt das Österreichische Kulturforum Prag am Jungmann-Platz die Ausstellung "Rainer über Freud". Dann kehren die Bilder nach Wien zurück. Ab dem 22. November hängen die Übermalungen im Freud-Museum in der Berggasse 19, in Freuds ehemaligem Wohnhaus.

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