US-Radar in Tschechien: Gorbatschow und Havel uneinig
Beide sind sie Symbolfiguren für das Ende des Kalten Krieges und der kommunistischen Herrschaft in Osteuropa – Michail Sergejewitsch Gorbatschow und Václav Havel. Der eine war Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und der andere Dissident in der Tschechoslowakei. In vielem war sie damals einig, doch in einem der empfindlichsten tschechisch-russischen Fragen heutzutage, nämlich dem Bau der US-Radaranlage in Mittelböhmen, scheiden sich ihre Geister.
„Zum ersten Mal wollen die Amerikaner auch etwas von uns. Bis jetzt haben wir immer von Ihnen etwas verlangt. Sie wollen von uns nur eine Kleinigkeit. Und wir beginnen auf einmal, uns zu zieren“, sagte der frühere Dissident und ehemalige tschechische Präsident Václav Havel am Ostermontag in der bekanntesten Talkshow des Tschechischen Fernsehens.
Havel reagiert damit auf die Debatte in Tschechien über das amerikanische Raketenabwehrsystem, in dessen Rahmen eine Radaranlage in Mittelböhmen stationiert werden soll. Die öffentliche Meinung tendiert zur Ablehnung des Radars, zwei Drittel der Tschechen haben sich zuletzt in Umfragen dagegen ausgesprochen. Und die politische Szene ist gespalten: Während die Koalitionsregierung den Bau des Radars befürwortet, ist die sozialdemokratische und kommunistische Opposition dagegen.
Michail Gorbatschow sieht die amerikanischen Pläne mit großer Skepsis.
Václav Havel verwahrte sich in der Diskussion gegen solche Rhetorik:
„Gorbatschow gebraucht hier immer den Ausdruck – „gerichtet“, als ob das Radar eine Angriffswaffe wäre. Die Radaranlage ist ein Verteidigungssystem.“Havel und Gorbatschow sind zwar ehemalige Politiker, Einfluss auf die öffentliche Meinung haben sie aber immer noch. Ob die Amerikaner ihre Raketenabwehrpläne umsetzen werden und ob die Radaranlage dann nach Tschechien kommt, ist nach wie vor unklar. Zurzeit wird auf internationaler und auf bilateraler Ebene zwischen Prag und Washington weiter verhandelt.