Vaclav Havels Präsidentschaft endete vor einem Jahr
Vor mittlerweile einem Jahr verließ Langzeitpräsident Vaclav Havel die Prager Burg, den Sitz der tschechischen Staatsoberhäupter. Einen kurzen Blick auf die Person Havel einst und jetzt hat Gerald Schubert vorbereitet:
Er galt als die Symbolfigur der demokratischen Wende schlechthin, und das nicht nur in der Tschechischen Republik sondern weit über ihre Grenzen hinaus: Vaclav Havel. Als Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts die kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa zusammenbrachen, da brauchte man Persönlichkeiten, die integrativ wirkten. Menschen, die ein geistiges, ein inhaltliches Fundament zum Aufbau einer demokratischen Gesellschaft repräsentierten. Menschen wie den Schriftsteller und Dissidenten Vaclav Havel. Und so standen dann auch während der so genannten Samtenen Revolution in den stürmischen Novembertagen des Jahres 1989 bald die Worte "Havel na Hrad", Havel auf die Burg, an den Prager Hauswänden. Wenige Wochen später wurde Havel tatsächlich zum Präsidenten gewählt, und er blieb, zweimal als tschechoslowakisches und zweimal als tschechisches Staatsoberhaupt, bis Januar 2003 im Amt.
Seine Beliebtheit im Ausland war während dieser ganzen Zeit ungebrochen. Im Inland hingegen wurde immer wieder ein gewisser Rückgang in der Gunst der Bevölkerung diagnostiziert. Havels langjähriger Sprecher Martin Krafl relativiert allerdings:
"Vaclav Havel war mehr als 13 Jahre im Amt. Und ich muss mal fragen, wer von den Politikern in der Tschechischen Republik so lange aktiv ist, und wer während dieser aktiv in der Politik verbrachten Zeit eine Popularität von über 50 Prozent genießt. Bei ihm ist die Popularität fast nie unter diese Grenze, also unter 50 Prozent gesunken. Und das finde ich erfolgreich."
Am ersten Februar jährt sich nun zum ersten Mal Havels Abschied aus der hohen Politik. Havel hat nun etwas mehr Zeit, um sich auch körperlich zu schonen: Um seine immer wieder angeschlagene Gesundheit stand es in den letzten Monaten besser als dies oft zuvor der Fall war. Doch passiv ist Havel keineswegs. Er ist viel auf Reisen, seine weltweiten Auftritte auf diversen Konferenzen und sein Engagement für Dissidenten in den Diktaturen der Gegenwart koordiniert er mit dem tschechischen Außenministerium. In seinem Büro beschäftigt er drei Mitarbeiter. Unzählige Anfragen müssen täglich beantwortet werden: Anfragen von Privatleuten, aber auch von Organisationen, die sich etwa Havels Ehrenschutz für eine von ihnen durchgeführte Veranstaltung wünschen.
Und noch etwas: Havel wird vielleicht wieder ein Theaterstück schreiben. Hauptfigur: Ein Mensch, der einst Macht hatte und den Verlust dieser Macht nicht verkraftet. Für Havel ein spannender dramatischer Stoff - ein persönliches Problem jedoch sicher nicht.