Vaclav Klaus im Ausland

Vaclav Klaus

Der immer noch neue tschechische Präsident Vaclav Klaus war in den letzten Wochen viel auf Reisen. Welche Tendenzen lassen sich auf Grund der ersten aussenpoltiischen Auftritte des Präsidenten ableiten? Die Antwort darauf versuchen Silja Schultheis und Robert Schuster in der folgenden Schauplatz-Sendung zu geben.

Seit zwei Monaten ist er nun im Amt und hat in den vergangenen Tagen die Serie seiner ersten Auslandsreisen abgeschlossen. Dazwischen war er für einige Stunden in Athen, um dort den Beitrittsbvertrag Tschechiens zur Europäischen Union mitzuunterzeichnen. Die Rede ist von Tschechiens neuen Präsidenten Vaclav Klaus, der am vergangenen Donnerstag mit der Kurzvisite in Wien seine Antrittsbesuche bei den unmittelbaren Nachbarn Tschechiens abgeschlossen hat. Würde man sich bei der Beurteilung der Verlaufs der vier Kurzbesuche nur auf die offiziellen Darstellungen des Berater-Teams des Präsidenten verlassen, könnte man meinen, Klaus habe sich in seinen Reden in nichts von seinem, insbesondere im Ausland geschätzten, Amtsvorgänger Vaclav Havel unterschieden. Lässt sich auf Grund der Besuche in der Slowakei, Polen, Deutschland und Österreich aber dennoch bereits jetzt sagen, in welchen Punkten Präsident Klaus als Außenpolitiker andere Akzente setzen wird? Das fragten wir den Politikwissenschaftler Zdenek Zboril von der Prager Karlsuniversität:

"Man kann und kann es auch wieder nicht. Er hat diese Reisen dafür genutzt, um sich im Ausland vorzustellen und sein freundlicheres Gesicht zu zeigen. Auf Grund dessen lässt sich sagen, dass sich Klaus im Großen und Ganzen an die Vorgaben hält, die er bereits als Präsidentschaftskandidat angekündigt hat. Es ist aber fraglich, inwieweit er als einzelner Politiker tatsächlich die Außenpolitik des Landes wird beeinflussen oder gar steuern können. Bisher scheint es nämlich, dass einzelne Aktivitäten von Klaus bereits zu ersten Reaktionen führten, die man sogar als Ausdruck einer gewissen Eifersucht bezeichnen könnte. Dabei hat Klaus noch andere wichtige Visiten vor sich - nämlich Russland, oder die Vereinigten Staaten. Aber bei den Reise in die Nachbarländer hat Klaus zumindest guten Willen gezeigt, sich um gute, oder sogar bessere Beziehungen zu diesen Ländern zu bemühen."

Vaclav Klaus und Thomas Klestil,  foto: CTK
Der Politikwissenschafler Zboril hat es kurz angedeutet. Während der bereits erwähnten Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrags in Athen, ist es zwischen Präsident Klaus und Außenminister Cyril Svoboda zu einer schweren Verstimmung gekommen. Der Präsident hatte nämlich auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Zeremonie seine alten Vorbehalte gegenüber einer sich weiter vertiefenden europäischen Integration vorgebracht und dadurch Minister Svoboda zu der Aussage provoziert, Klaus verstehe nichts von der Europäischen Union und seine Kentnisse darüber seien nur oberflächlich. Auch Regierungschef Vladimir Spidla eilte seinem Minister zu Hilfe, in dem er zu Protokoll gab, der Präsident möge doch das Regierungsprogramm der gegenwärtigen Mitte-Links-Regierung zur Kenntnis nehmen, in der sich die Regierung eben zur Vertiefung des Einigungsprozesses bekannt habe. Welche Folgen können also diese Meinungsverschiedenheiten in einem so wichtigen Punkt, wie es die weitere Entwicklung der Europäischen Union ist, haben? Besteht nicht die Gefahr, dass Tschechien wegen dieser Uneinigkeit nach dem Beitritt zur Gemeinschaft isoliert werden könnte? Was meint der Politikwissenschaftler Zboril dazu?

"Ich glaube nicht, dass so etwas eintreten könnte, aber Vorsicht - wir tendieren immer irgendwie dazu, den Beitritt zur EU als einem D-Day entgegenzufiebern, dabei wird es sich aber lediglich um eine Art Neustart für Tschechien handeln und zwar den Neustart in einem Rennen, dessen Ziel eigentlich noch immer relativ weit entfernt ist. Sollte es zwischen jenen Politikern, die den aussenpolitischen Kurs des Landes mitbestimmen, zu irgendwelchen Disonanzen kommen, dann könnte das diesen Prozess stören. Ich würde aber gegenwärtig etwas anderes als viel gefährlicher ansehen, nämlich dass es bei den beiden grössten Parteien des Landes, den oppositionellen Rechtsliberalen und den regierenden Sozialdemokraten in der EU-Frage große Unterschiede zwischen der Basis und der Führung gibt. Während bei der ODS die Parteispitze dem Projekt Europa kritisch gegenübersteht, ist die Basis in mehr als 80 Prozent dafür, bei den Sozialdemokraten ist das genau umgekehrt. Das kann bei künftigen Verhandlungen mit der EU zu Problemen führen. Zusätzlich befürchte ich noch, dass die gegenwärtige Regierung zu schwach ist, um etwa weitere wichtige Reformen durchzusetzen."

Vaclav Klaus in Wien,  foto: CTK
Schaut man in die Vergangenheit an, sieht man, dass die jüngsten Meinungsverschiedenheiten unter Tschechiens Spitzenpolitikern über den außenpolitischen Kurs des Landes nichts Neues sind. Schon zu Beginn der 90er Jahre sprach man davon, dass es in Tschechien in Wirklichkeit drei unterschiedliche Akteure gibt, welche die die Aussenpolitik des Landes betreiben - nämlich die Regierung, den Präsidenten und das Parlament. Besonders deutlich zum Vorschein kamen diese unterschiedlichen Positionen Mitte der 90er Jahre übrigens im Zusammenhang mit den deutsch-tschechischen Beziehungen. Kann also angenommen werden, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren wiederholen wird?

"Es ist anzunehmen, dass sich so etwas wiederholen wird, zumal es eine solche Entwicklung bereits in anderen postkommunistischen Ländern gab - in der Slowakei, in Polen oder Ungarn zum Beispiel. Eine allzu große Autonomie von Präsident, Parlament und Regierung in außenpolitischen Fragen stellt eine Gefahr dar. Oft haben diese Differenzen rein persönliche Motive. Es kann jedoch passieren, dass dadurch auch in Wahrheit eher geringe oder nicht allzustarke sachliche Meinungsverschiedenheiten von allen Beteiligten zu unüberbrückbaren Konflikten hochstilisiert werden. Selbst wenn der Präsident künftig in außenpolitischen Fragen andere Positionen einnehmen sollte als die Regierung, kann er behaupten, dass er damit die Meinung eines wichtigen Teils des Parlaments wiedergibt. Sollte aber die Direktwahl des Präsidenten eingeführt werden, könnte die Gefahr aufkommen, dass der künftige Präsident sich bei seinen außenpolitischen Schritten auf die größere Legitimität berufen und somit völlig ungebunden zu den übrigen verfassungsmässigen Institutionen agieren könnte."

Vaclav Klaus und Thomas Klestil,  foto: CTK
Im weiteren meint der Politologe Zboril, dass sich seit den 90er Jahren eine Entwicklung feststellen lässt, wonach auch in Bereichen, in denen allgemein Konsens herrschen sollte, so wie eben in der Außenpolitik, die persönlichen Animositäten der Politiker stark zugenommen haben. Besonders krass war dies laut Zbo"il in den Jahren 1998 bis 2002, als mit Vaclav Havel als Präsident, Milos Zeman als Premierminister und Vaclav Klaus als Parlamentschef gleichzeitig die profiliertesten tschechischen Politiker der Nach-Wende-Zeit die drei höchsten Ämter im Staat bekleideten und sich oft mehr oder weniger verdeckte Kleinkriege lieferten.

Vaclav Klaus ist ja in seinen Reden, mit denen er sich um das höchste Staatsamt bewarb auf das beschriebene Problem mehrmals eingegangen und hat versprochen, die Tätigkeit der Regierung nicht konterkarrieren zu wollen. Sein jüngster Konflikt mit Außenminister Svoboda deutet jedoch darauf hin, dass er sich nicht mehr an diese Versprechen halten will. Abschließend kommt noch einmal der Politikwissenschaftler Zdenek Zboril zu Wort:

"Auch wenn das Klaus damals sagte, haben denke ich alle, die ihn gut kennen, schon damals vermutet, dass er diesem Versprechen einfach nicht gerecht werden kann. Das ist ganz einfach durch die Merkmale seiner Persönlichkeit gegeben. Klaus ist ein Intelektueller, der einfach immer dabei sein möchte, wenn öffentlich über jene Themen diskutiert wird, die ihm ein persönliches Anliegen sind. Im Bereich Außenpolitik ist es für ihm umso attraktiver, da er nie zuvor richtige Außenpolitik betrieben hat. Er war eigentlich bei keiner wichtigen wegweisenden außenpolitischen Entscheidung des Landes in der Vergangeheit beteiligt. Eine Ausnahme bildet lediglich die Unterzeichnung der Deutsch-tschechischen Erklärung und des Assoziierugnsvertrags mit der Europäischen Union. Klaus wird eben immer auf Grund seiner Persönlichkeit Stellung beziehen, auch wenn er das Gegenteil versprechen sollte."