In Valtice wurden St. Martinsweine geprüft - Gespräch mit Professor Vilem Kraus

Der 11. November - der St. Martinstag - nähert sich und damit auch der Zeitpunkt, zu dem in Tschechien die jungen St. Martins-Weine auf den Markt kommen. Unter der Marke "St. Martins-Wein" dürfen jedoch nur Weine verkauft werden, die von einer Expertenkommission geprüft wurden und die wirklich die Eigenschaften eines jungen St. Martins-Weins haben.

Die Weinexperten haben am Mittwoch in der südmährischen Stadt Valtice / Feldsberg die jungen Weine getestet. Unmittelbar nach der Tagung dieser Jury bat ich den international bekannten tschechischen Weinexperten, Professor Vilem Kraus, ans Mikrofon und fragte ihn zuerst nach der Tradition der St. Martins-Weine, die in den letzten Jahren bei uns wieder belebt wurde:

"Im Weinbaugebiet Morava / Mähren gibt es eine lange Tradition, neue Weine am St. Martinstag zum ersten Mal zu kosten. Sie stammt aus dem Mittelalter. Am Martinstag hat damals der Besitzer des Weinbergs mit dem Winzer, der sich um den Weinberg gekümmert hatte, über dessen Verbleib auf seinem Posten gesprochen, und eventuell - wie wir heute sagen würden - seinen Arbeitsvertrag verlängert. Und auf die neue oder weitere Zusammenarbeit haben sie dann mit jungem Wein angestoßen. Die Tradition der jungen Weine ist bei uns vor etwa zehn Jahren wieder belebt worden: Von Rebsorten, die früher als die anderen reif sind, begann man junge Weine zu produzieren, die schon am St. Martinstag getrunken werden können.

Von links: Pavel Krska und Vilem Kraus  (Foto: Autorin)
Zu den Rebsorten gehören Müller Thurgau, Frühroter Veltliner von den Weißweinen und St. Laurent und der Blaue Portugiese von den Rotweinen. Von diesen vier Rebsorten kann man leichter junge Weine mit anziehenden Eigenschaften so vorbereiten, dass man sie schon zu St. Martin zu bestimmten Gerichten servieren und daran Freude haben kann. Es gibt ein Schema, nach dem die Weine vorbereitet werden müssen, und außerdem müssen sie vorgeschriebene Eigenschaften haben: Es müssen trockene frische Weine sein, sie sollen aber schon auch genügend Charakteristisches von der Rebsorte haben. Dabei müssen sie die angenehmen jugendlichen Farben haben und entsprechend riechen. Winzer, die diese Weine produzieren wollen, müssen sich anmelden und einer Kommission ihre Weine vorlegen. Die Kommission prüft die Eigenschaften und den Charakter der Weine. Ungefähr 80 Prozent der vorgelegten Weine wurden diesmal von der Kommission für den Verkauf unter der Marke der St. Martins-Weine empfohlen. Diese Marke wird immer mehr gefragt, weil die Leute die Jungweine sehr gern und mit Neugierde kosten."

Bis wann kann man diese St-Martins-Weine trinken?

"Jungweine, die zu diesem Zeitpunkt vorbereitet werden, sind Weine, die ihren schönen Charakter nur eine bestimmte Zeit lang behalten können, weil sie technologisch nicht stark behandelt wurden. Wir empfehlen diese Weine bis zu Weihnachten zu trinken."

Es gibt Unterschiede in der Weinproduktion der einzelnen Regionen - zwischen der Mährischen Slowakei und der Region von Mikulov oder zwischen Znojmo und Velke Pavlovice. Sind die Unterschiede auch bei den Jungweinen zu bemerken?

"Man kann da einige Unterschiede schon finden. Dies hängt von dem zuständigen Jahrgang ab. Es gab Jahre, wo die Weine teilweise einheitlich waren, vor allem wenn der Herbst trocken war. In diesem Jahr sind die Unterschiede größer, weil wir nach den sehr warmen Monaten plötzlich viele Niederschläge hatten. Aus dem Grund gibt es größere Unterschiede zwischen den Weinen, je nach dem, wie stark die Niederschläge waren. Auch bestimmte Eigenschaften der Weine, wie die Säure oder bei Rotweinen eine allzu sehr aufdringliche Gerbsäure, sind in einigen Gebieten häufiger als in den anderen Regionen vorgekommen."

Sie kennen gut die Lage nicht nur in den Nachbarländern Tschechiens - wie Deutschland oder Österreich, sondern auch in ganz Europa, was die Weinproduktion und den Weinverbrauch anbelangt. Gibt es in Tschechien spezielle Modetrends und unterscheiden sich tschechische Weinkonsumenten von den Weintrinkern in den Nachbarländern?

"Ja, schon. Erstens muss man sagen, dass bei uns nicht nur Weine des laufenden Jahres mit Vorliebe getrunken werden. In den letzten Jahren haben viele Weinliebhaber eigene Weinarchive gegründet und wollen die Weine ausgereift trinken. Viele Winzer haben auf diese Nachfrage reagiert und bereiten für diese Feinschmecker Weine vor, die für eine längere Lagerung geeignet sind. Was die verschiedenen Sorten anbelangt, sind von den Weißweinen vor allem die Burgunder Sorten - wie Chardonnay oder Weißburgunder sehr gefragt, dann kommt Rheinriesling und in einigen Regionen gibt es einen sehr guten Sauvignon blanc, der auch sehr beliebt ist.
11.November,  11 Uhr 11 Minuten
Von den Weinen, die für den täglichen Genuss bestimmt sind, würde ich vor allem den Grünen Veltliner, Müller Thurgau und Welschriesling nennen. Welschriesling von einer sehr guten Qualität gibt es in der Region von Mikulov, wo die Erde viel Kalk enthält. Ich glaube, dass sich tschechische Weinkonsumenten von den Weinkonsumenten in den Nachbarländern ein wenig unterscheiden, weil sie auf die mährischen Weine sehr gewöhnt sind. Auch wenn sie schon ausländische Weine trinken, kommen sie nach einer gewissen Zeit zu den mährischen Weinen zurück, weil diese Gewohnheit sehr stark ausgeprägt ist."

Hatten Sie bei der jetzigen Prüfung der jungen Weine einen besonders guten St.-Martins-Wein entdeckt, der ihnen am besten geschmeckt hat?

"Leider ist es schwierig zu sagen. Es gab mehrere solche Weine. Da wir aber die Weine gekostet haben, ohne den Produzenten gekannt zu haben, kann ich es nicht sagen, weil ich es nicht weiß. Die Namen werden erst veröffentlicht."

Am 11. November um 11.11 Uhr werden die ersten Flaschen mit St. Martins-Wein an verschiedenen Orten Tschechiens feierlich geöffnet, und zwar nicht nur in Südmähren, sondern auch in der tschechischen Hauptstadt. In Prag wird sich diese Zeremonie auf dem Ovocny trh / Obstmarkt in der Altstadt abspielen.

Fotos: Autorin

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