"Verbrechen des Kommunismus" - Dokumentarausstellung in Kraliky / Grulich
Die Grenzbefestigung sollte einst als tschechoslowakische Militäranlage gegen Hitler-Deutschland dienen. In einem der Bunker dieser Befestigung unweit der ostböhmischen Stadt Kraliky / Grulich kann man eine Ausstellung besichtigen, die den Titel trägt "Verbrechen des Kommunismus - Menschen gegen Menschen".
"Er hatte einen Verwandten, der vom kommunistischen Regime verfolgt wurde und den wir den ´tschechischen James Bond´ nennen. Der Mann hieß Miloslav Stedry, er flüchtete mehrmals aus kommunistischen Gefängnissen. Seinen Freiheitsgedanken hatte er nie aufgegeben."
Richard Sicha hatte einige Museen kontaktiert, die in ihren Sammlungen Gegenstände aus den fünfziger Jahren haben. Die geeigneten Dokumente haben die Organisatoren in Zusammenarbeit mit dem Nationalarchiv und der Behörde für die Untersuchung und Dokumentation der Verbrechen des Kommunismus (UDV) zusammengetragen."Nachdem wir die Materialien vorbereitet hatten, haben wir die Ausstellung in den unterirdischen Räumlichkeiten unseres Museums installiert. Wir wollten auch ein Stück der lokalen Geschichte mit einbeziehen. Im Kloster oben auf dem Hora Matky Bozi / dem Muttergottesberg in Kraliky haben die Kommunisten in den fünfziger Jahren ein Internierungslager für die Ordensmitglieder eingerichtet. Diese Tatsache wollten wir auch in der Ausstellung dokumentieren. Ein Teil der Exponate bezieht sich deswegen auf die Verfolgung der Kirche während des kommunistischen Regimes. Da die Öffentlichkeit unser Museum eher für ein Militärmuseum hält, halten wir es für wichtig, in den Ausstellungen sowohl Ereignisse aus der Geschichte der Region, als auch allgemeine Themen aus der Geschichte des tschechoslowakischen Staates zu präsentieren."
Die Führung durch die Ausstellung fing im so genannten "Filterraum" des Bunkers der tschechoslowakischen Befestigung an. Hier seien einst große Filter eingebaut worden, hieß es. Denn man habe, so der Experte, damit gerechnet, dass die Soldaten, die hier stationiert werden sollten, während der Kampfhandlungen auch durch Giftgase gefährdet werden. Die Filter waren Richard Sicha zufolge aber so riesig, dass sie damals den ganzen Raum ausfüllten. Anstelle der Filter findet man hier heute nur noch Vitrinen mit Ausstellungsgegenständen, schriftliche Dokumente und vor allem auch eine Einrichtung, die die Jahre der härtesten stalinistischen Unterdrückung vor den Augen wieder auferstehen lässt. Richard Sicha dazu:"Diese geschlossenen Räumlichkeiten erinnern an die Baracken, die es in den kommunistischen Konzentrationslagern gab. Aus dem Grund haben wir hier einen Untersuchungsraum des kommunistischen Geheimdienstes nachgebaut - so wie er in den fünfziger Jahren ausgesehen hatte. Außerdem schenkten wir die Aufmerksamkeit hier der Persönlichkeit von Miloslav Stedry, der unermüdlich gegen den Kommunismus gekämpft hat. Sein Schicksal brachte uns dazu, hier das Thema der Fluchtversuche über den Eisernen Vorhang zu dokumentieren."Versuche, den Eisernen Vorhang zu durchbrechen sowie Fluchtversuche aus den kommunistischen Gefängnissen sind hier an einigen Beispielen samt Fotodokumentation beschrieben. Außerdem kann der Besucher hier mehr über die konkreten Mittel erfahren, die der kommunistische Geheimdienst StB benutzt hatte. Dazu gehören Anlagen aus dem Bereich der operativen Technik - wie die verschiedensten Abhöreinrichtungen, aber vor allem auch Waffen, sagt Richard Sicha und macht auf einen der Gegenstände aufmerksam:
"Interessant ist diese Maschinenpistole. Sie wurde bei der Überwachung des Klosters wirklich benutzt. Um das Kloster herum, das als Internierungslager diente, wurde ein hoher Zaun gebaut. Es war unmöglich, näher an die Einrichtung zu kommen. Die im Lager eingesperrten Patres wurden von 22 Angehörigen der so genannten ´nationalen Sicherheitstruppen´ und auch einigen Mitgliedern des Geheimdienstes StB überwacht. Diese hatten damals eine ganze Rüstungskammer zur Verfügung, wie man in der Ausstellung sehen kann."Die ausgestellte Abhöranlage, deren Mikrofon in eine Wand montiert wurde, stammt aus den Sammlungen des Prager Polizeimuseums und sie wurde ´Boj 1´ - also Kampf 1 genannt. Die Einrichtung, die wie eine Ampel aussieht, war die Signalisierungsanlage. Bevor jemand versuchte, über die Grenze zu flüchten, musste er sich das gründlich überlegen, sagt Richard Sicha.
"Um en Eisernen Vorhang zu überwinden, musste man die Drähte durchschneiden und versuchen, in keine der vielen Fallen zu geraten. Wenn der Flüchtling die zur Signalisierungsanlage führende Litze nur leicht berührte, setzte er sie in Bewegung, und sie feuerte eine farbige Leuchtrakete ab. Anhand ihrer Farbe sollte der Grenzschutz erkennen, wo sich derjenige ungefähr befand. Die Drähte waren unter Strom. Wenn jemand unvorsichtig war und sie berührt hat, endete er so, wie der Mann, den man hier auf diesem grausamen Foto sehen kann. Die Grenzwache fand dann nur noch einen toten Menschen. Viel wichtiger war damals für den Grenzschutz jemand, den sie noch festnehmen konnten, denn den haben sie dann verhört, um jede Einzelheit des Fluchtversuchs zu analysieren und andere an der Flucht hindern zu können."Soweit Richard Sicha, der Leiter des Museums im Bunker in Kraliky und Initiator der aktuellen Ausstellung über die Verbrechen des Kommunismus. Die Führung durch die Ausstellung werden wir in der nächsten Ausgabe der Sendereihe "Reiseland Tschechien" fortsetzen. Die Ausstellung im Bunker K-S 14 in Kraliky kann man vorläufig bis Ende Juni 2007 an jedem Wochenende von 8 bis 17 Uhr besichtigen, falls es im Winter die Witterungsbedingungen erlauben.