Vertriebenen-Präsidentin Steinbach wartet auf Versöhnungsgeste von Tschechien
Anfang der Woche war die tschechische Historikerin Kristina Kaiserová bei der der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ ausgestiegen, die ein Zentrum gegen Vertreibung konzipieren soll. Kaiserová war Mitglied im wissenschaftlichen Beirat. Im Mittelpunkt der ganzen Diskussion um ein Zentrum gegen Vertreibung steht die umstrittene Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach. Am Donnerstag gab Steinbach dem Deutschland-Korrespondenten des Tschechischen Rundfunks ein Interview. Darin ging es auch um die Beziehungen zwischen den Vertriebenenverbänden der Sudetendeutschen und dem tschechischen Staat.
„Es gibt ein tiefes Bedürfnis, dass man vielleicht mal eine Einladung bekommt vom Staatspräsidenten. Also das Gefühl willkommen zu sein, und da würde man auf eine große Aufgeschlossenheit treffen.“
Es war nicht die einzige Botschaft an den tschechischen Präsident Václav Klaus, der noch vor wenigen Monaten die Beneš-Dekrete für seine europakritische Politik instrumentalisiert hatte. Im Zuge der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages hatte Klaus für sein Land die Aussetzung der EU-Grundrechtecharta durchgesetzt, und damit den Fortbestand der Beneš-Dekrete – also jener Dekrete, die die Enteignungen und Vertreibungen der Sudetendeutschen nach 1945 legitimieren sollten. Trotzdem suche man den Dialog mit Klaus, gab Steinbach zu verstehen:
„Ich würde mich zum Beispiel freuen, wenn ein hoher tschechischer Vertreter am 5. August zum Festakt der Charta der deutschen Heimatvertriebenen anwesend wäre. Wenn der Präsident anwesend sein könnte und das Wort ergreifen würde, darüber würde ich mich freuen. Und die Sudetendeutschen würden sich besonders freuen.“
Ob Klaus die indirekte Einladung annimmt, darf stark bezweifelt werden, da Steinbach im Gespräch mit dem Tschechischen Rundfunk auch eine umstrittene Aussage aus dem Jahr 1998 verteidigte. Sie hatte damals gesagt, die Tschechen hätten im Zweiten Weltkrieg fast nicht gelitten. Die Aussage müsse, so Steinbach am Donnerstag, in Relation gesehen werden:
„Ich glaube, das muss man konstatieren, dass die Tschechoslowakei anders behandelt wurde als Polen. Der ganze Bereich wurde – aus welchen Gründen auch immer - wesentlich zurückhaltender behandelt in der Besatzung, als es mit dem polnischen Bereich geschehen ist. Es hat sich [in der Tschechoslowakei] nicht so deutlich unterschieden von der Tatsache, wie Hitler mit seinen eigenen Staatsbürgern im Deutschen Reich umgegangen ist.“
Auch angesprochen auf das Massaker von Lidice blieb Steinbach bei ihrer Haltung. Das Dorf Lidice in Mittelböhmen wurde im Juni 1942 als Reaktion auf das Attentat auf den damaligen stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich, von den Nazis willkürlich zerstört, über 170 Männer über 15 Jahren wurden vor Ort erschossen, die meisten Frauen und Kinder im KZ ermordet. Dazu Steinbach:
„Lidice war eine Art Racheakt, für das, was mit Heydrich geschehen ist. Aber im Verhältnis zu Polen, wenn man die Relation betrachtet – das würden Sie wahrscheinlich selber auch konstatieren – gab es da eklatante Unterschiede.“
Auch wenn Steinbach in tschechischen Medien nicht annähernd so stark dämonisiert wird wie etwa in Polen: Solche Aussagen dürften ihre Sympathiewerte in Tschechien nicht steigen lassen.