Viehzucht in Tschechien und der Klimawandel

Foto: Gerd Altmann, Pixabay / CC0

In knapp fünf Monaten haben die Einwohner der EU ihr gesamtes Jahreseinkommen an erneuerbaren Umweltressourcen verbraucht. Der sogenannte Welterschöpfungstag beziehungsweise Überlastungstag (Earth Overshoot Day) fiel in diesem Jahr in Europa auf den 10. Mai. Experten fordern zum Handeln auf. Einer der Wege soll sein, eine nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben.

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Von dem sogenannten Überlastungstag an leben wir für den Rest des Jahres von den Vorräten der Zukunft. Das geht aus dem Bericht von WWF und Global Footprint Network hervor. Demzufolge bräuchte es 2,8 Planeten Erde, damit die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen in der EU gestillt werden kann. In den Industriestaaten sind die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung und aus dem Verkehr das größte Problem. Aber auch die Landwirtschaft, etwa die Fleischproduktion sowie die Überdüngung der Böden überfordern den Planeten. Im Inlandssender des Tschechischen Rundfunks haben der Biologe Vojtěch Kotecký vom Thinktank Glopolis und der Landwirt Jan Chroust über die Problematik diskutiert. Hauptthema war dabei neben einer Reduktion des Fleischkonsums auch die Herstellung von Fleisch.

„Die jetzige intensive Fleischproduktion beteiligt sich mit etwa 40 Prozent an dem Gesamtverbrauch von Weizen, Mais, Roggen und Hafer als Tierfutter. Das bedeutet auch einen Verbrauch von 40 Prozent an Ackerfläche, Herbiziden und Dünger.“

Vojtěch Kotecký  (Foto: Petr Brož,  Wikimedia Commons,  CC BY 4.0)
Das sagte der Ökologe Vojtěch Kotecký. Der Bauer Jan Chroust verteidigt die Landwirtschaft. Die Erde werde seiner Meinung nach von jedem Bereich menschlicher Tätigkeit beeinträchtigt, und es sei nicht nötig, sich ausgerechnet auf die Landwirtschaft einzuschießen.

„Als Landwirt werde ich Tiere immer verteidigen. Ich denke nicht, dass ihr ökologischer Fußabdruck so stark ist, dass man die Bestände reduzieren muss.“

Damit ist auch Kotecký teilweise einverstanden. Die Fleisch- und Milchproduktion habe in der Vergangenheit die tschechische Landschaft geprägt und gehöre hierher, räumte er ein. Ohne sie gebe es keine Wiesen und Weiden hierzulande, sondern nur bebaute Grundstücke, Wälder und Felder.

Foto: Irena Šarounová,  ,  Tschechischer Rundfunk
„Wir brauchen aber eine andere Art der Tierzucht. Die Methoden müssen weniger intensiv und weniger globalisiert sein. Wir müssen Fleisch und Milch, die seit Jahrtausenden Bestandteil unserer Kultur sind, in einer Landwirtschaft gewinnen, die einen kleineren ökologischen Fußabdruck hinterlässt.“

Man müsse zwischen guten und schlechten Landwirten unterscheiden, betont Chroust. Auch bei intensiver Viehhaltung kann ihm zufolge der ökologische Fußabdruck klein sein. Der Landwirt beklagt, dass 1989 die Zahl der Kühe hierzulande noch bei 1,2 Millionen gelegen habe – heute aber nur noch ein Drittel davon gehalten würde. Dadurch fehle Naturdünger, so Chroust:

„Es gibt viel weniger Kühe als früher. Dadurch ist auch der Umfang organischer Substanz zurückgegangen, die wir dem Boden zurückgeben können. Nach gewisser Zeit haben wir festgestellt, dass Kohlenstoff, Kalium, Phosphor, Kalzium und weitere Stoffe im Boden fehlen. Das ist ein großes Problem, und wir sind nicht imstande, darauf schnell zu reagieren.“

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Kotecký kritisiert, dass sich die Landwirte unter dem ökonomischen Druck der vergangenen Jahrzehnte spezialisiert hätten. Im Tiefland werde nur noch Pflanzenproduktion betrieben. Bauern, die ihre Äcker mit Mist aus eigener Viehhaltung düngen würden, seien verschwunden. Dazu ergänzt Viehzüchter Jan Chroust:

„Wenn die organische Bodensubstanz fehlt, ist der Boden wenig belüftet und absorbiert nicht mehr so viel Wasser, wie es sein könnte. Ich habe dazu einen Artikel gelesen. Da hieß es, würde der Anteil der organischen Substanz um 0,1 Prozent erhöht, könnte mehr Wasser gespeichert werden, als alle tschechischen Talsperren zusammen fassen.“

Klimaforscher beschäftigen sich mit der Frage, wie die Viehhaltung die Produktion von Treibhausgasen beeinflusst. Dabei werden zwei Aspekte von Emissionen betrachtet: der Methangas-Ausstoß der Tiere bei der Verdauung und alle weiteren Quellen von Treibhausgasen wie Düngung, der Energieverbrauch von Maschinen und der Futtertransport. Vojtěch Kotecký:

Soja  (Foto: Julio César García,  Pixabay / CC0)
„Ich denke, dass der Methangas-Ausstoß eigentlich kein solch großes Problem ist wie die Futtermittel für die Tiere.“

In Tschechien und in Europa wird in großem Umfang Soja aus Lateinamerika verfüttert:

„Soja wird auf riesigen Latifundien etwa in Brasilien und in Argentinien angebaut, nach Tschechien transportiert und hier in der intensiven Landwirtschaft verfüttert. Die Latifundien entstehen oft an Orten, an denen kurz zuvor noch Wald gestanden hat oder Savanne war. Durch die Abholzung dieser Flächen entstehen CO2-Emissionen, die die Luft stark verschmutzen. Zudem liegt der Wasserverbrauch enorm hoch. Schätzungen nach werden für ein Kilogramm Rindfleisch etwa 15.000 Liter Wasser verbraucht, das meiste eben bei der Bewässerung dieser Plantagen.“

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Laut Chroust sollte der Staat Landwirte dazu motivieren, Futter selbst anzubauen und sich besser um den Boden zu kümmern.

„Durch den ökonomischen Druck ist es für die Landwirte in Tschechien kaum noch möglich, Viehzucht zu betreiben, wenn sie das Futter nicht im Ausland kaufen. Ich denke aber, dass sich die Bauern problemlos auch anderen Bedingungen anpassen würden. Die Frage ist jedoch, ob der Verbraucher bereit wäre, mehr Geld für Lebensmittel zu zahlen.“

Ökologe Kotecký kritisiert die Massentierhaltung an sich. Zudem plädiert er für weniger Fleischkonsum, um die katastrophalen Folgen durch den Klimawandel abzuwenden. Doch gerade in Tschechien erkennt er eine positive Tendenz:

„53 Prozent des Rindfleischs stammen aus der Ökolandwirtschaft. Ein großer Teil davon wird jedoch nicht als Bio-Fleisch verkauft, sondern als handelsübliches Fleisch. Die ökologische Landwirtschaft wird einerseits vom Staat durch Bonusprogramme gefördert. Und andererseits sind sich die Bauern dessen bewusst, dass diese für ihre Farm langfristig besser ist.“