Viel Gemeinsames und eine deutliche Meinungsverschiedenheit über den Elbausbau – Sachsens Landwirtschaftsminister Kupfer in Prag
Bereits seit Jahren arbeiten Tschechien und Sachsen eng zusammen. Nach dem Besuch von Ministerpräsident Tillich im vergangenen Herbst war am Montag nun Sachsens Landwirtschafts- und Umweltminister Frank Kupfer (CDU) in Prag zu Gast. In den Gesprächen mit Tschechiens Landwirtschaftsminister Ivan Fuksa (ODS) herrschte in beinahe allen Punkten totale Übereinstimmung: in der Sorge über die Reform der EU-Landwirtschaftspolitik ebenso wie in der Freude über die gute Kooperation beim grenzüberschreitenden Hochwasserschutz. Den in Tschechien nach wie vor geplanten Bau von Staustufen an der Elbe bewertet man in der Dresdener Staatskanzlei allerdings sehr skeptisch.
„Wir sind beide in einer sehr ähnlichen Situation: Wie bei uns gibt es auch in Sachsen eine Reihe von großen Landwirtschaftsbetrieben. Das ist natürlich auf die gemeinsame geschichtliche Entwicklung zurückzuführen. Und deshalb sind wir uns einig, dass wir klar gegen die von der EU geplante Kürzung der Subventionen für landwirtschaftliche Großbetriebe sind.“
Gemeinsam mit anderen Ländern, die wie Tschechien und der Osten Deutschlands die großflächig organisierte Landwirtschaft aus dem Kommunismus geerbt haben, wolle man nun in Brüssel gegen die geplanten Änderungen in der Subventionspolitik vorgehen, so die beiden Minister nach ihrem Treffen am Montag in Prag.Gemeinsam begehen wolle man auch das dieses Jahr ausgerufene Internationale Jahr des Waldes, sagte Minister Fuksa:
„Für uns steht im Jahr 2011 die wichtige Rolle des Waldes für den Umweltschutz aber auch der Wald als sozialer Faktor im Mittelpunkt. Deshalb begrüßen wir den deutschen Vorstoß, zu diesen Fragen eine gemeinsame Konferenz zu veranstalten.“
Im Skandal um dioxinverseuchte Lebensmittel, die in den vergangenen Tagen in mehreren deutschen Bundesländern aufgetaucht sind, versicherten die Landwirtschaftsminister Tschechiens und Sachsens, man beobachte die Lage sehr genau. Frank Kupfer betonte, sein Bundesland stehe wie Tschechien auf der Seite der Betroffenen und nicht der Verursacher. In sächsischen Betrieben seien keine verseuchten Futtermittel zum Einsatz gekommen.Weitere Themen des sächsisch-tschechischen Landwirtschaftsministertreffens am Montag in Prag waren der gemeinsame Hochwasserschutz sowie der umstrittene Ausbau der Elbe in Tschechien. Dazu stand Sachsens Minister Kupfer Radio Prag Rede und Antwort:
Herr Minister, Sie waren bei Ihrem tschechischen Amtskollegen Ivan Fuksa zu Gast. Das aktuelle Thema in den sächsisch-tschechischen Beziehungen ist natürlich das Hochwasser an der Elbe. Wie sieht es denn aktuell aus bei Ihnen in Dresden und Sachsen?„Das Hochwasser zieht seine Bahnen. Wir haben in Sachsen die Warnstufe drei am Oberlauf der Elbe. In Schöna liegen wir jetzt bei 7,45 Metern. Die Warnstufe vier und damit der Katastrophenalarm wird bei 7,50 Metern ausgelöst, wir haben also nur mehr fünf Zentimeter Platz. Wir hören jetzt von der tschechischen Seite, dass die Elbe noch einige Tage auf diesem sehr hohen Niveau verweilen wird, aber es keinen weiteren Anstieg mehr gibt. Das beruhigt uns schon ein Stück.“
Wir haben erst im Sommer ein sehr schmerzhaftes Hochwasser im sächsisch-tschechisch-polnischen Dreiländereck erlebt. Wie klappt denn eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Tschechien bei der Vorwarnung und dann auch bei der Bewältigung des Hochwassers?„Die Zusammenarbeit zwischen Tschechien und Sachsen funktioniert hervorragend. Wir haben seit 2002 gemeinsame Strategien entwickelt, wie wir die Vorwarnzeiten insbesondere bei Hochwassern an der Elbe erhöhen können. Wir sind von ursprünglich 24 auf jetzt 60 Stunden gekommen, das hilft uns immens weiter. Das Hochwasser an der Lausitzer Neiße war das gravierendste und höchste, das jemals gemessen wurde. Wir haben bereits vor vier Jahren versucht, einen Plan zum Hochwasser-Risikomanagement an der Lausitzer Neiße zu entwickeln. Mit den Tschechen waren wir uns einig, aber damals hat die Zentralregierung in Polen nicht mitgemacht. Das war ein relativ lächerlicher Betrag, der da zur Verfügung gestellt werden sollte. Ich bin deshalb dankbar dafür, dass mir Minister Fuksa versprochen hat, dass wir gemeinsam weiterhin auf die polnische Seite einwirken wollen, damit es endlich zu diesem Hochwasserschutzkonzept für die Neiße kommt.“
Bleiben wir noch kurz beim Thema Elbe: Da gibt es ja nicht so ganz übereinstimmende Meinungen und Ansichten zwischen Sachsen und Tschechien. Konkret geht es um den Bau einer Staustufe bei Děčín / Tetschen-Bodenbach. Sie haben schon gesagt, in Sachsen wird es keine Wehranlagen entlang der Elbe geben. In Tschechien hält man an den Projekt fest. Wie ist ihre Position dazu und vor allem, wie ist der aktuelle Stand?„Wir sind im Augenblick im Umweltverträglichkeits-Prüfungsverfahren. Die Unterlagen sind der deutschen Seite in tschechischer Sprache übermittelt worden. Das sind über 600 Seiten. Wir sind jetzt dabei das zu übersetzen; die deutsche Kurzzusammenfassung von 20 Seiten war für uns nicht aussagekräftig genug. Deswegen habe ich beim damaligen tschechischen Umweltminister um eine Fristverlängerung gebeten. Diese wurde gewährt und wir haben nun bis zum 27. Februar Zeit, unsere Stellungnahme abzugeben. Das, was wir bisher vorliegen haben, macht uns schon etwas vorsichtig. Wir werden also genau zu prüfen haben, was in diesen Unterlagen steht, um dann abzuwägen, ob die Umweltauswirkungen für den Freistaat Sachsen, für die Elbauen in Sachsen, für die Elbe selber so gravierend sind, dass wir unsere Bedenken gegenüber dieser Querverbauung der Elbe anmelden.“Da hört man heraus, dass diese Stellungnahme von Sachsen vermutlich nicht uneingeschränkt positiv, vielleicht sogar eindeutig negativ ausfallen wird…„Der Freistaat Sachsen hat schon vor vier Jahren eine Bewertung abgegeben über die Planungen zur Querverbauung der Elbe. Das, was wir damals an überlegenswerten Punkten eingebracht haben, ist zumindest in dieser Kurzzusammenfassung nicht widerlegt. Deshalb haben wir schon einen Anlass dazu, diesen Planungen mit einer gewissen Vorsicht oder einer gewissen Skepsis gegenüberzutreten.“
Gleichzeitig gibt es ein aufrechtes Abkommen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 2006, das den Ausbau der Elbe für die Schifffahrt und die Sicherstellung einer Mindestwassertiefe zum Inhalt hat. Bekommen Sie da nicht Probleme mit Berlin, wenn Sie jetzt gegen das Projekt auftreten?
„Wir haben gemeinsame Positionen herausgearbeitet. Die Strukturen sind in Sachsen und Tschechien gleich, wir haben große Betriebe. Unabhängig von der Frage, wie diese Strukturen entstanden sind und was für Ungerechtigkeiten es dabei gegeben hat: Wir haben diese Strukturen, sie sind wirtschaftlich und diese Strukturen weisen in die Zukunft. Die Europäische Union hat kein Recht, mit einer Kappung der Direktzahlungen diese Strukturen infrage zu stellen.“