Viel mehr als nur Mozart

W. A. Mozart
0:00
/
0:00

Tschechischen Kulturfans ist das Österreichische Kulturinstitut mit seinem Sitz am Jungmannplatz, direkt im Herzen von Prag, nicht erst seit dem diesjährigen Mozart-Jahr ein Begriff. Schon vor zehn Jahren nahm es seine Arbeit in Tschechien auf und hat seitdem die Kunstschaffenden und -interessierten beider Länder einander näher gebracht. Als Initiator und Partner ist es mittlerweile fester Bestandteil der hiesigen Kulturlandschaft. Daniela Honigmann blickt im Gespräch mit der Institutionsleitung zurück - und nach vorn.

Die weltbekannten Werke Mozarts sind vermutlich das Erste, was den meisten Menschen beim Stichpunkt "Kultur aus Österreich" in den Sinn kommt. Dass die Tschechen mehr über das wesentlich vielfältigere kulturelle Schaffen in dem südlichen Nachbarland erfahren, dafür sorgt seit nunmehr zehn Jahren das Österreichische Kulturforum mit Sitz direkt im Prager Zentrum. Im Austausch zwischen den Nationen hat sich die Einrichtung als wichtiger Unterstützer für künstlerisch tätige Landleute etabliert, resümiert Andrea Schrammel, die stellvertretende Direktorin des Kulturforums:

"Unser vorrangiges Ziel ist immer die Förderung zeitgenössischer österreichischer Kultur in Tschechien. Das ist unsere Aufgabe, unser Leitfaden."

Bereits 1993 war das Österreichische Kulturinstitut, wie es bis zu seiner Umbenennung 2002 hieß, als Abteilung der Botschaft des Landes in Prag gegründet worden. Unter der Leitung von Valentin Inzko emanzipierte man sich drei Jahre später räumlich von der Landesvertretung und bezog das Haus Nummer 18 am Jungmannplatz (Jungmannovo namesti). Und das wird derzeit als Jubiläum gefeiert. So kurz nach dem Systemwechsel von 1989 fand das aus acht Mitarbeitern bestehende Team anfangs Bedingungen vor, die noch stark von der staatlich gelenkten Praxis der vorangegangenen Jahrzehnte geprägt war.

"Die Situation damals war noch eine ganz andere, es war relativ knapp nach der Wende. Die Tschechische Republik hatte noch sehr viel aufzuarbeiten und Nachholbedarf nach 40 Jahren auch kultureller Isolierung Richtung Westen. Da hat sie jede Hilfestellung, die gegeben werden konnte, und Österreich konnte sehr viel Hilfestellung leisten, sehr herzlich willkommen",

erinnert sich Walter Persché, der inzwischen das Kulturforum als Direktor leitet. Genauso schnell, wie sich das ganze Land gewandelt hat, wurde auch die Arbeit innerhalb der Kulturlandschaft erleichtert, fährt er fort:

"Eine Veränderung hat sich über die Jahre dadurch ergeben, dass die tschechische Kulturszene sich emanzipiert hat, dass sie selbständiger und selbstbewusst geworden ist. Obwohl, selbstbewusst war sie sicherlich schon immer. Aber auch die finanziellen Möglichkeiten sind größer geworden als sie waren."

Um die eigene Kasse des Kulturforums, dessen Finanzierung durch das Außenministerium erfolgt, ein wenig aufzubessern, wurde 2003 ein Stiftungsfond eingerichtet, der bisher eine kleine, aber generöse Gruppe von Spendern gefunden hat. Selten sind die politischen Beziehungen zweier Länder ungetrübt, was selbstredend auch für Tschechien und Österreich gilt. Die erst kurze Geschichte des Kulturforums ist ein weiterer Beweis dafür, dass Kunst und Kultur für die Völkerverständigung unverzichtbare Mittel sind. Seine freundschaftlichen Kontakte konnte es nämlich auch in turbulenteren Zeiten aufrecht erhalten, so der Direktor:

"Das Angenehmste war, dass es keine Veränderungen in den Beziehungen gegeben hat nach dem Jahr 2000, als die EU eine politische Quarantäne über Österreich verhängt hatte. Dessen hatten sich auch die politischen Behörden in Tschechien angeschlossen, aber in den kulturellen Beziehungen hat es überhaupt keinen Einschnitt gegeben."

Kontinuität prägte also das erste Jahrzehnt des Österreichischen Kulturforums und seiner Tätigkeit, die sich keinesfalls nur auf Prag konzentriert, sondern die gesamte Tschechische Republik einbezieht. Zumeist finden die Ausstellungen, Lesungen oder Konzerte österreichischer Künstler in anderen Teilen des Landes sogar deutlich mehr Zuspruch, als in der kulturell gesättigten Hauptstadt. Die Rolle des Instituts im tschechischen Kulturbetrieb hat sich von einem Starthelfer und Initiator zu einem gleichberechtigten Partner entwickelt, zieht Direktor Persché positiv Bilanz und erzählt von den bisherigen Sternstunden seiner Arbeit:

"Ein Highlight war sicher das erste Konzert der Wiener Philharmoniker beim Festival "Prager Frühling" seit dem Jahr 1967! Es fand in diesem Jahr statt, und man brachte Mozarts "Prager Sinfonie" und Mahlers Vierte. Ein weiterer Höhepunkt war zweifellos das laufende Jahr, das Mozart-Jubiläumsjahr. Das wurde von den tschechischen, aber besonders von den Prager Einrichtungen sehr intensiv wahrgenommen, weil Mozart für die Stadt Prag auch eine wesentliche Rolle spielt."

Auch wenn das Interesse der Tschechen an Mozart mehr als rege war, bleibt für Persché und sein Team noch viel zu tun, um dem Nachbarvolk auch die anderen großen und kleinen Persönlichkeiten nahe zu bringen, die sein Land hervorgebracht hat. Denn schon die Würdigungen zum 150. Geburtstag von Sigmund Freud haben merklich weniger Interessierte anlocken können, bedauert der Direktor:

"Anders war es bei Sigmund Freud, dessen 150. Geburtstag sich in diesem Jahr ebenfalls gejährt hat. Mit der Ausnahme von Freuds Geburtsstadt Pribor (Freiberg) ist das Jubiläum für meine Einschätzung von tschechischer Seite doch wenig wahrgenommen worden."

Das Arbeitskonzept wird auch in den kommenden Jahren das gleiche bleiben. Das Kulturforum will weiterhin ein möglichst vielfältiges Bild der österreichischen Kultur vermitteln, sagt Persché und gibt einen kleinen Ausblick:

"Wir versuchen, alle Sparten möglichst gleichmäßig abzudecken. Wir wollen etwa in der bildenden Kunst Konfrontationen mit der modernsten österreichischen Entwicklung zeigen, aber auch über den Tellerrand hinaus sehen. Demnächst werden wir eine Ausstellung mit einer slowenischen Künstlerin, zuvor noch mit zwei slowakischen Künstlern zeigen. Vielleicht werden wir im nächsten Jahr überhaupt die Länder rund um Österreich hier in unserer Galerie präsentieren."

Stellvertreterin Andrea Schrammel schaut ebenso zuversichtlich auf die bevorstehende Zeit:

"Man kann sich nicht von vornherein etwas für die nächsten 10 Jahre vornehmen. Aber wenn man auf neue Strömungen reagiert, sich neue Kontakte schafft, tun sich einfach immer neue Möglichkeiten auf. Es wird immer interessant sein. Es gibt viele Veranstaltungen, Festivals, an denen wir seit Jahren teilnehmen, an denen wir auch weiterhin teilnehmen. Auch da gibt es immer wieder neue Impulse"

Und so verbindet sich beim Österreichischen Kulturforum das Vergangene mit der Zukunft. Vorher wird aber noch gefeiert. Neben dem schon laufenden umfangreichen Kulturprogramm in mehreren Städten Tschechiens, findet das eigentliche Jubiläumsfest am 20. Oktober im Haus am Prager Jungmannplatz statt. Neben Traditionellem und Klassischem, bei dem selbstverständlich auch Mozart nicht fehlen wird, wird unter anderem zeitgenössischer Jazz von Michaela Rabitsch und Robert Pawlik zu hören sein.