Visegrad-Vier gegen EU-Atom-Richtlinie, aber für militärische Kooperation

Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik

Die Visegrad-Gruppe ist ein lockerer Zusammenschluss der mitteleuropäischen EU-Staaten Tschechien, Polen, Ungarn und Slowakei. Alle Vierteljahre treffen sich die Regierungschefs dieser vier Länder zu Beratungen. Beim neuesten Treffen am Montag in Budapest ging es um die Atomkraft und weitere Bereiche der Energie sowie um die geplante gemeinsame Eingreiftruppe.

Jiří Rusnok,  Donald Tusk,  Viktor Orbán und Robert Fico  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Die vier Visegrad-Staaten gehen in der Energiepolitik eigentlich gar nicht dieselben Wege. Während Tschechien, Ungarn und die Slowakei Atomkraftwerke haben und dort weitere Meiler entstehen sollen, sind in Polen die Pläne zum Bau eines ersten Reaktors unpopulär. Regierungschef Donald Tusk hat deswegen im Sommer eingeräumt, dass das Atomprogramm verschoben werden müsse. Andererseits möchte Polen aber in das umstrittene Fracking von Schiefergas einsteigen.

Bei ihrem gemeinsamen Treffen zeigten sich die Ministerpräsidenten der Visegrad-Vier dennoch einig im Urteil über die europäische Energiepolitik. Bei einer Pressekonferenz in Budapest sagte der tschechische Premier Jiří Rusnok:

Slowakische Atomkraftwerk Mochovce  (Foto: Peko,  Wikimedia CC 3.0)
„Meine drei Kollegen und ich haben uns auf eine gegenseitige Unterstützung bei der Atomenergie geeinigt. Zudem pochen wir auf die Souveränität der EU-Mitgliedsländer in der Entscheidung, welche Primärquellen sie in welchem Umfang nutzen. Dies schließt auch die Möglichkeiten ein, die sich für manche von uns durch die Nutzung von Schiefergas ergeben.“

In einer gemeinsamen Erklärung wandten sich die vier Regierungschefs deswegen gegen die geplante neue EU-Richtlinie über Atomenergie. Die Europäische Kommission will mit dieser auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima reagieren. Die Idee ist, dass über die Sicherheit sowie den Betrieb von AKWs verstärkt in Brüssel entschieden werde. Der slowakische Premier Robert Fico sagte indes, er könne sich nicht vorstellen, dass die Kommission in diesem Bereich demnächst weitreichende Kompetenzen erhalte.

Foto: Archiv der Armee der Tschechischen Republik
In Übereinstimmung mit der Kommission steht hingegen ein weiterer Beschluss aus Budapest, und zwar über die militärische Kooperation. Bereits im März hatten die Visegrad-Staaten über die Gründung einer gemeinsamen Einsatztruppe gesprochen. Nun bestätigten sie, dass für 2016 eine solche 3000 Soldaten starke Einheit bereitstehen werde. Diese soll vor allem möglichen eigenen Auslandsmissionen der EU dienen. Jiří Rusnok erläuterte dies in einem Gespräch für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Die EU-Staaten haben seit Langem bereits hier ein Defizit bemerkt. Alle bisherigen militärischen Missionen standen unter der Leitung der Uno, der Nato oder einzelner Staaten. Die Europäer haben daher beschlossen, selbst Einheiten für eigene EU-Missionen bereitzustellen. Wir Visegrad-Staaten haben angeboten, dass wir das im Wechsel mit anderen Staaten machen.“

Jiří Rusnok  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
Wie Rusnok sagte, könnte die Visegrad-Einheit alle drei oder fünf Jahre erneut bereitstehen. Man wolle aber auch Nachbarstaaten einladen, sich zu beteiligen. Der tschechische Premier nannte unter anderem Slowenien.

Apropos Nachbarstaaten: Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman hat am Montag laut über eine Erweiterung der Visegrad-Gruppe nachgedacht. In einem Interview für Radio Free Europa sprach er über stärkere Konsultationen mit Österreich, aber auch über einen möglichen Beitritt Sloweniens und später vielleicht sogar der Ukraine.