Vom Politologen zur Diplom-Polizistin

Eine Stadt zu wechseln, heutzutage von Berlin nach Prag zu fahren - nichts ist leichter als das. Nicht jedoch mit einem Hochschulabschluss in der Hand. Im Zeitalter der Mobilität kommt diese Art von Umzug jedoch öfters vor. Über das Prozedere der gegenseitigen Anerkennung akademischer Grade zwischen Tschechien und Deutschland erfahren sie mehr von Bara Prochazkova.

Einen Hochschulabschluss im Ausland gemacht? Kein Problem, sagt Magdalena Frouzova. Sie gehört zu den Tschechen, die in Deutschland ihr Studium absolviert haben und dann zurückgekommen sind. Nach einem sechsjährigen Aufenthalt in Hamburg hat sie sich vor allem auf ihre Eltern und auf die alten Freunde gefreut. Ein bisschen Angst hatte sie jedoch vor der Bürokratie. Am Ende war es jedoch nicht so kompliziert, wie sie befürchtet hatte - das Zeugnis übersetzen lassen, die Beglaubigung bezahlen, eine Apostille besorgen und dann nur noch ungefähr einen Monat warten. Die Aussichten auf einen guten Job steigen damit, denn ein abgeschlossenes Studium in Deutschland kann sich sehen lassen. Bis man aber eine tschechische Entsprechung des Hochschuldiploms in der Hand hat, dauert es seine Zeit. Dies bestätigt auch Eva Chvalova, Referentin der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz in Bonn:

"Man muss sich immer an die richtige Stelle wenden und es ist nicht immer klar, welche das ist. Aber wenn man sie gefunden hat, dann funktioniert es sehr gut", sagt die gebürtige Pragerin Chvalova, denn Hochschulpolitik ist ihr tägliches Brot. Die Praxis und vor allem Magdalena Frouzova bestätigen ihre Worte:

"So habe ich an der tschechischen Universität angerufen, gefragt und mich hundert Mal durchstellen lassen. Der zuständigen Frau habe ich damals mein deutsches Diplom geschickt, sie hat alles erledigt und nach ungefähr einem Monat mein in Tschechien anerkanntes deutsches Diplom bekommen."

Damals schrieb man das Jahr 2001 und Magdalena ist nach dem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaft wieder nach Prag zurückgekehrt. Alles geschah also noch vor dem EU-Beitritt Tschechiens. Sie hatte damals Glück, denn kurz vor ihrem Anerkennungsantrag hat die Universität Hamburg mit der Karlsuniversität in Prag einen Kooperationsvertrag bezüglich des Anerkennens der Abschlüsse unterschrieben. Wie Magdalena Frouzova selber sagt, hatte sie nicht nur gutes Timing, sondern auch Glück:

"Es schien alles nicht aussichtslos zu sein. Natürlich musste ich lange telefonieren, bis die richtige Person ans Telefon kam. Aber diese war dann entgegenkommend."

Eva Chvalova betont, dass man bei der Anerkennung von Scheinen und Diplomen auf eine Grundunterscheidung achten muss. Im ersten Fall werden nur einzelne Teilstudienleistungen anerkannt, die zweite Gruppe bilden Diplome über ein ganzes Studium. Über die Teilstudienleitungen entscheiden die aufnehmenden Hochschulen selbst. Nach den Worten von Chvalova wird es nun immer schwieriger für die Hochschulen sein, eine Anerkennung der Scheine abzulehnen. In dem Lisabon-Abkommen von 1997 steht, dass die Hochschulen jede Ablehnung extra begründen müssen. Obwohl Deutschland dieses Abkommen noch nicht unterschreiben hat, verhalten sich die Hochschulen, als gäbe es dies bereits, bestätigt Chvalova. Sie arbeitet in der Hochschulrektorenkonferenz daran, dass die Studienabschlüsse in Europa international anerkannt werden. Eva Chvalova:

"In 2001 oder 2002 hat die Kultusministerkonferenz bestimmte Beschlüsse erlassen, mit denen hat sich viel gelockert. Das ganze Anerkennungswesen wurde weitestgehend aufgehoben. Heute braucht man also keine offizielle Anerkennung, man kann den akademischen Grad so führen, wie man ihn in dem and erworben hat. Wenn es innerhalb der EU ist, wird es automatisch anerkannt."

Die Bildungsreform im Zuge des Bologna-Prozesses geht in die Richtung einer Internationalisierung der gestuften Studiengänge wie Bachelor, Master oder Doktorstudium: "Das heißt, dass sich die Konzepte der Studienfächer geändert haben. Das sind Sachen, die in Tschechien unbekannt sind und umgekehrt auch", sagt Chvalova.

Dies zwingt die Akteure, sich mit den Veränderungen zu beschäftigen und gemeinsam internationale Konzepte zu entwickeln. So auch die Berufung der Hochschulrektorenkonferenz, die Vertretern der Hochschulen eine gemeinsame Plattform bietet, um über die Lage und Zukunft der Hochschulpolitik zu beraten. An dieser Stelle geht jedoch die Theorie mit der Praxis nicht Hand in Hand. Die Universitäten und Hochschulen in Tschechien haben erwartet, dass die Situation mit dem gegenseitigen Anerkennen der Diplome nach dem EU-Beitritt vereinfacht wird. Die Realität sieht jedoch anders aus, sagt der Sprecher des Rektorats der Karlsuniversität in Prag, Vaclav Hajek:

"Es wurde damit gerechnet, dass das Anerkennen der Diplome automatisch laufen wird. Wir haben aber festgestellt, dass das praktisch ein Problem ist. Wenn ich über die Karlsuniversität mit ihren hunderten von Programmen spreche, dann ist es doch komplizierter. Es gibt unendlich viele Formen von Studienfächern und wir müssen immer die konkreten Anforderungen und die konkrete Form anschauen, und ob dies einem Studiengang an der Karlsuniversität entspricht. So wird dann individuell festgestellt, in wieweit etwas anerkannt werden kann oder nicht."

Die Karls-Universität
An der Karlsuniversität gibt es zwei Gruppen von Studenten, die ihre Studienzeugnisse in Tschechien anerkannt haben wollen. Die größte Gruppe sind Tschechen, die im Ausland studiert haben und nun ein in Tschechien anerkanntes Diplom haben möchten. Im vergangenen akademischen Jahr haben zwölf Tschechen die so genannte Nostrifizierung ihres in Deutschland erworbenen Hochschuldiploms beantragt. Weiterhin melden sich bei der Karlsuni auch Ausländer, die eine Bescheinigung für ihren tschechischen Arbeitgeber haben wollen. Nicht alle kommen aus Deutschland, und diese Leute haben es noch komplizierter, bestätigt Vaclav Hajek:

"Zum Beispiel das Beglaubigen der Stempel auf den Dokumenten kann innerhalb der Europäischen Union die Hochschule machen. Bei anderen Ländern wie zum Beispiel Afghanistan, Moldawien oder Turkmenistan müssen die Dokumente vom Schulministerium begutachtet werden. Gleichzeitig ist es anhand des so genannten Haager Vertrags leichter, die öffentlichen Dokumente zu beglaubigen."

Aber zurück in die Praxis: Das Auslandsstudium hat meistens so viel Gewicht, dass man eine tschechische Anerkennung nicht braucht "Mein ausländisches Diplom wird immer als etwas Positives bewertet, und ich wurde noch nie nach der tschechischen Entsprechung gefragt", sagt Magdalena Frouzova. Aber eine negative Sache gibt es doch - manche Titel sind in Tschechien nicht bekannt. Magdalena Frouzova hatte direkt keine Probleme bezüglich eines ausländischen Titels - dieser sei einfach nur zu lang für tschechische Verhältnisse. Und deshalb wird sie als Diplom-Politologin oft als Dipl.-Pol. abgekürzt:

"Viele denken, dass das völlig etwas anderes heißt. Eine Freundin von mir trägt denselben Titel Dipl.-Pol. und sie wurde mal darauf angesprochen, ob sie nicht Polizistin sei. Die Konsequenz daraus ist es, dass ich meinen Titel praktisch gar nicht benutze."