Von der Open-Air-Reitbahn zur Orangerie: Schlosspark in Veltrusy
Das Barockschloss Veltrusy steht inmitten eines großen Parks am Rande der gleichnamigen Gemeinde, etwa 25 Kilometer nördlich von Prag. Das ganze Areal wurde in den Jahren 2002 und 2013 stark vom Hochwasser beschädigt. Es wird allmählich saniert. Im Schloss wurde vor kurzem ein Zentrum für ökologische und kulturelle Bildung eröffnet. Im restaurierten nordwestlichen Schlossflügel ist eine Dauerausstellung über die letzten Schlossbesitzer – die Adelsfamilie Chotek – zu sehen, über die wir bereits berichtet haben. Diesmal laden wir Sie aber in den Schlosspark von Veltrusy ein, durch den sich 35 Kilometer Wanderwege ziehen.
„Das Areal ist ein einzigartiges Beispiel eines Schlossparks, also einer von Menschen gestalteten und genutzten Landschaft rund um die Adelsresidenz. Bemerkenswert daran ist, dass der Park klare Grenzen hat: auf der einen Seite die Moldau und auf der anderen der Mlýnský potok / Mühlbach. Die Art, wie der Park gestaltet wurde, ist in ganz Europa einzigartig.“
Zu den Gebäuden, die um den sogenannten Ehrenhof des Schlosses herum stehen, gehört der Pferdestall.
„Dieser Stall war für rund 20 Reitpferde bestimmt, die den Schlossbesitzern gehörten. Es gab auch noch einen weiteren Stall, der im Wirtschaftshof stand. Dieser war für die Zugpferde bestimmt. Der Pferdestall wurde restauriert, und nach einigen Jahrzehnten stehen dort nun auch wieder Pferde.“
Im südöstlichen Vorfeld des Schlosses befindet sich das längliche Gebäude der Orangerie. Pavel Ecler:„Aus den historischen Dokumenten wissen wir, dass die Orangerie an diesem Ort einen anderen Bau ersetzt hat, nämlich ein hölzernes Ananashaus. Denn die Schlossbesitzer hielten Schritt mit der Mode und begannen, in Veltrusy Zitruspflanzen zu züchten. Es fällt auf, dass die Orangerie prunkvoller ist als die meisten Gewächshäuser, sie sieht fast aus wie ein Palast. Der Grund war, dass Zitruspflanzen damals nicht als übliche Pflanzen galten. Sie wurden im 19. Jahrhundert für goldene Äpfel gehalten, die schon den Göttern des Olymp ewige Jugend garantiert hätten.“
Der Schlosspark von Veltrusy gehört mit seiner 300 Hektar Fläche zu den größten Parks in Tschechien. Zahlreiche kleine Pavillons befinden sich dort, Brücken, Statuen, aber auch beispielsweise eine Open-Air-Reitschule. Diese liegt im nördlichen Zipfel des Parks. Der Kastellan:„Es ist wichtig, dass das hiesige Oval in Stand gesetzt wurde. Es ist eine der wenigen erhaltenen Open-Air-Reitbahnen in Tschechien. Wir befinden uns im nördlichsten und zudem am niedrigsten gelegenen Teil des Parks. Darum ist er öfter vom Hochwasser betroffen. Alle Rosskastanienbäume, die einst am Ufer standen, sind den Fluten zum Opfer gefallen. Inzwischen wurden neue Kastanienbäume gepflanzt, und die Wege wurden neu gestaltet.“
Pavel Ecler rechnet damit, dass das Oval auch wieder zum Reiten genutzt wird. Im Rahmen der Sanierung des Parks sind nahe dem Oval auch wieder Obstbäume gepflanzt worden – und zwar an der Stelle, an der sich auch einst ein Obstgarten befand.„Es ist jedoch ein besonderer Obstgarten. Wir wollten zurückkehren in die Epoche, in der der Park angelegt wurde. Darum werden dort nur alte Obstsorten gezüchtet: Sie stammen alle aus der Zeit vor 1824.“
Wiesen, Felder, Gärten und Weiden ergänzen den Schlosspark von Veltrusy. Genauso sei es mit den Gebäuden, die im Park erbaut wurden, sagt der Kastellan. Denn sie wurden zwar als Wirtschaftsgebäude errichtet, sollten aber den Eindruck eines malerischen Landlebens erwecken. Ecler macht auf ein halb verfallenes Haus aufmerksam:
„In diesem Haus befand sich früher ein Obsttrockenraum. Das Haus steht direkt am Hauptweg. Normalerweise wurden die Wirtschaftsgebäude eher irgendwo hinten versteckt. Dieses Gebäude sollte jedoch bewundert werden. Dies gilt auch für das einstige Haus des Obstgärtners. Es sollte den Eindruck eines holländischen Bauernhauses wecken. Einer der dortigen Räume war für die Herrschaften reserviert. Wenn sie einen Ausflug durch den Park unternahmen, machten sie hier eine Pause. Sie konnten sich hier erfrischen. Wenn das im Herbst war, konnten sie dort auch Obst verkosten. Danach setzten sie die Besichtigung des Parks fort.“ Während der Instandsetzung des Schlossareals mussten auch einige der Brücken über den Mühlbach neu errichtet werden. Pavel Ecler:„Bei einer Brücke wissen wir nicht genau, wie sie ursprünglich ausgesehen hat, aber wir wissen, dass es eine Aussichtsbrücke war. Das haben wir berücksichtigt. Von der Brücke bietet sich ein schöner Blick auf einen Arm des Mühlbachs, vor uns steht zudem die künstliche Ruine eines ägyptischen Pavillons.“
In Veltrusy bestehen vor allem für Schüler und Studenten Programmangebote zu verschiedenen Themen: zum Beispiel zur Adelsresidenz im Sommer, zum Leben im Schloss, zur philosophischen Ebene der Kulturlandschaft oder zur Gartenarchitektur als Kunst. Pavel Ecler möchte künftig aber auch für ausländische Besucher thematische Führungen und Besuchsprogramme anbieten.
„Wir haben vor, in der Zukunft auch für Besucher aus dem Ausland und für Interessenten aus Fachkreisen Bildungsprogramme zusammenzustellen. Dabei geht es nicht nur darum, Texte zu übersetzen, sondern sich auch auf die Bedürfnisse ausländischer Besucher einzustellen. Natürlich sind wir in Kontakt mit Experten im Ausland, die sich mit Gartenarchitektur und mit Landschaftsparks beschäftigen. Vor allem haben wir Kontakte zu Kollegen aus Deutschland und aus Österreich.“Schloss Veltrusy ist noch bis Ende Oktober geöffnet, und zwar täglich außer montags von 8.30 bis 16 Uhr. Im Winter ist die Residenz geschlossen, der Schlosspark ist aber das ganze Jahr lang zugänglich.