Von Tschechien über Düsseldorf nach Marokko
Tereza Huclová ist eine junge Tschechin und Weltbürgerin. Bis März 2017 lebte sie in Düsseldorf und arbeitete dort in einer Bank. Aktuell liegt ihr Wohnort in Afrika. Zunächst begann sie als Deutsch-Lehrerin in Marokko, nach einigen Monaten aber wechselte sie ihr Betätigungsfeld. Heute begleitet sie Touristen bei ihren Reisen ins Atlas-Gebirge. Radio Prag hat mit ihr vor kurzem in Rabat gesprochen.
„Ich habe sieben Jahre lang in Düsseldorf als Firmenkundenbetreuerin gearbeitet. Die Arbeit hat mir eigentlich Spaß gemacht. Aber ich fand es auch ein bisschen langweilig, mein ganzes Leben lang nur eine Sache zu machen. Ich wollte mehr reisen und das Leben außerhalb Europas kennenlernen. Allerdings wollte ich nicht von einem Ort zum anderen reisen. Ich wollte irgendwo eine längere Zeit verbringen. Weil ich in Deutschland gelebt und seit Längerem schon ehrenamtlich Deutsch unterrichtet habe, wollte ich mich weiterqualifizieren. Also habe ich ein Zertifikat als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache gemacht.“
Deutsch-Lehrerin in Fès
Lange Zeit hat Tereza auch einen Umzug nach Mexiko erwogen. Schließlich siegte aber Marokko als nächstes Ziel. Bei einem früheren Besuch im Land als Touristin hatte sie dort bereits einige Freundschaften angeknüpft.„Ich habe mich bei einer Sprachschule in Fès beworben und dort als Lehrerin angefangen. In Fès habe ich vor allem Medizin-Studenten unterrichtet, die sich auf das Goethe-Zertifikat vorbereitet haben, weil sie an einer Universität in Deutschland ein Praktikum oder ein Auslandssemester machen wollten. Die Studierenden, muss ich sagen, waren total nett und begeistert von der deutschen Sprache. Sie haben sehr schnell Fortschritte gemacht. Innerhalb von acht Monaten hatten sie das B2-Niveau erreicht und schafften die Prüfung.“
Ursprünglich wollte Tereza Huclová ungefähr ein Jahr in Fès bleiben...
„Aber dann hat mir das Leben ein anderes Angebot gemacht: Ich habe im September eine Reise durch den Zentral-Atlas gemacht und dabei ein paar Tage bei einem alten Bekannten in den Bergen verbracht. Wir haben geredet, und ich sagte, ja, es ginge mir in Fès gut, aber in Marrakesch gefalle es mir besser. Außerdem sei die Arbeitszeit ziemlich lang, ich müsste auch samstags arbeiten und hätte keine Zeit für Reisen. Wir haben weiter geredet, und dann kam die Idee auf, ein gemeinsames Projekt zu starten. Wir haben überlegt, wie wir unsere ziemlich unterschiedlichen Lebensläufe zusammentun und eine Reiseagentur ins Leben rufen können. Im Zug von Marrakesch nach Fès habe ich dann darüber nachgedacht – und fand die Idee gut. Der Arbeitsmarkt in Marokko ist ziemlich flexibel, ich habe gekündigt, und nach zwei Tagen bin ich wieder nach Marrakesch gereist.“
Unter Berbern
Und so kam das Projekt Berbertrekking zustande. Die Tschechin lebt seitdem in der Altstadt von Marrakesch:„Die Wohnung habe ich auf marokkanische Weise gefunden, ohne Internet. Ich bin einfach durch die Medina gelaufen und habe in den Geschäften nachgefragt. Dann hat mich ein Typ zu einer alten Dame mitgenommen. Sie hat einige Leute angerufen, und nach einer Stunde habe ich mir das Haus angeguckt, in dem ich jetzt wohne.“
Das Leben in der Altstadt finde sie toll, erzählt Tereza Huclová weiter. Die Menschen würden einander gut kennen und sich gegenseitig helfen, sagt sie:
„Sie haben mich dort sozusagen adoptiert. Ich fühle mich gut integriert, habe ganz gute Beziehungen zu den Nachbarn. Sie sind auch kreativ. Wenn etwas schiefgeht, findet man immer eine Lösung. Und im Allgemeinen gefällt mir auch die marokkanische Kultur: Die Menschen suchen immer nach Lösungen, sie beschweren sich wenig.“
Durch die Arbeit für das Trekking zu den Berbern habe sich für sie die Tür in eine neue Welt geöffnet, findet Tereza. Es sind die Berber-Dörfer im Hohen Atlas:
„Im Vergleich mit den Städten ist das Leben dort sehr traditionell. Das öffentliche Leben ist streng getrennt zwischen Männer und Frauen. Es kommt sehr selten vor, dass Männer und Frauen etwas zusammen unternehmen. Das finde ich seltsam und nicht so sympathisch. Allerdings finde ich interessant, dass ich durch meine Arbeit Zugang zu den Männern und auch zu den Frauen habe. Ich kann mich mit ihnen über verschiedene Sachen austauschen. Eigentlich mehr mit den Männern. Bei den Frauen habe ich eine Sprachbarriere, weil sie selten Französisch sprechen. Manche von ihnen sind überhaupt nicht in die Schule gegangen, weil die Schulen in der Regel weit entfernt sind. Normalerweise, wenn die Familie Geld hat, schickt sie den jüngsten Sohn oder einen Sohn zur Schule. Aber die Mädchen bekommen sehr selten diese Möglichkeit.“Das Leben in Marrakesch
Und was hat sie als Europäerin überrascht? `Womit musste sie sich in Marokko auseinandersetzen?
„Auf jeden Fall musste ich mich an die Kälte in meiner Wohnung im Winter gewöhnen. Das hat mich überrascht, weil ich gedacht habe, dass es hier immer warm wäre. Diese Vorstellung musste ich aber beiseiteschieben. Woran ich mich noch nicht gewöhnt habe, sind die drei Kilometer Laufstrecke zum Supermarkt, um mein Bierchen zu kaufen. Und es gibt keine tschechische Marke, das stört mich ein bisschen. Ansonsten habe ich mich an das Leben hier ganz gut gewöhnt.“Was die Sicherheit betrifft, müsse man sich gewissenmaßen anpassen, fügt Tereza Huclová hinzu.
„Es ist nicht dasselbe wie in Deutschland oder in Tschechien. Durch bestimmte Stadtteile sollte man abends und nachts besser lieber nicht alleine gehen. Wenn man das versteht, dann denke ich, ist Marokko nicht gefährlich. In meinem Stadtteil fühle ich mich ganz sicher. Da kann ich um zehn oder elf Uhr alleine nach Hause gehen, es sind immer auch andere Leute unterwegs, die auf einen aufpassen. Da fühle ich mich eigentlich sehr sicher. Und im Allgemeinen finde ich, dass Marokko ein sicheres Land ist. Auch als alleinreisende Frau braucht man keine Angst zu haben.“