Vor 75 Jahren wurde „Bílá labuť“ eröffnet

Foto: Archiv von „Bílá labuť“

Vor genau 75 Jahren, am 18. März 1939, wurde das Kaufhaus Bílá labuť (auf Deutsch: Weißer Schwan) in Prag eröffnet. Es handelte sich um den größten und modernsten Einkaufspalast in der damaligen Tschechoslowakei. Seinem Zweck dient er bis heute.

Kaufhaus Bílá labuť  (Foto: Archiv von Bílá labuť)
Rolltreppen, eine Zentralheizung und Klimaanlagen in den Decken sowie ein zentrales Müllentsorgungssystem – dies war in der Zwischenkriegszeit nicht nur in der Tschechoslowakei eine Seltenheit. Sogar europaweit einzigartig war die Rohrpost, an die die Kassen angeschlossen waren. Sie ermöglichte, die Gelder und Quittungen von jeder Kasse zur zentralen Rechnungsstelle im fünften Stockwerk zu schicken. Das hochmoderne Warenhaus in der Straße Na Poříčí wurde schnell beliebt: Bis zu 30.000 Menschen kamen pro Tag, um einzukaufen.



Kaufhaus Bílá labuť  (Foto: Archiv von Bílá labuť)
Eröffnet wurde das Kaufhaus von den damals bekannten Unternehmern Brouk und Babka, sie hatten zuvor bereits ein kleineres Warenhaus in Holešovice betrieben. Oldřich Petráček ist heute Generaldirektor von Bílá labuť:

„In jener Zeit kam es zu einem raschen Wirtschaftsaufschwung und zu vielen Änderungen, die auch die Produktion von Konsumgütern betrafen. Vieles, was zuvor in Handarbeit hergestellt worden war, wurde nun in industrieller Massenproduktion gefertigt. Deswegen entschieden sich Brouk und Babka, ein großes Warenhaus zu bauen, wie es sie damals bereits in England oder Frankreich gab.“

Miroslava Petráčková arbeitet heute als Verkäuferin im Kaufhaus. Als zehnjähriges Mädchen hatte sie bereits die Eröffnung des Geschäfts im März 1939 miterlebt:

Miroslava Petráčková  (Foto: ČT24)
„Ich bin mit meinem Vater mit dem Fahrrad zur Eröffnung nach Prag gefahren. Mich hat damals beeindruckt, wie viele Menschen und wie viele Waren dort waren. Zum ersten Mal sah ich eine Rolltreppe und bin auf ihr gefahren. Dennoch war es im Geschäft auch ein bisschen merkwürdig: Es gab dort viele schönen Waren, aber auch schon deutsche Soldaten, die dort einkauften.“

Kurz zuvor war die Wehrmacht in Prag einmarschiert und hatte das Land zu einem von Deutschland abhängigen Staat gemacht.

Kaufhaus Bílá labuť  (Foto: Archiv von Bílá labuť)
Doch auf das Konzept des Kaufhauses hatte der Einmarsch keinen Einfluss gehabt. Der Palast bot nicht nur einzelne Geschäftsabteilungen, sondern auch viele weitere Dienstleistungen wie etwa Kinderbetreuung oder einen Postschalter, zudem konnte man sich in einem Kino und bei Ausstellungen vergnügen. Auch das Gebäude selbst war eine Meisterleistung. Es war von den Architekten Josef Kittrich und Josef Hrubý im Stil des Funktionalismus erbaut worden. Der heutige Architekt Marek Tichý von der Technischen Hochschule in Prag weist unter anderem auf die gläserne Fassade des Gebäudes hin:

Foto: Kristýna Maková
„Das Warenhaus war ein Höhepunkt der tschechischen Avantgardearchitektur der Zwischenkriegszeit. Kittrich und Hrubý schufen ein Projekt, das sie überlebt hat und seit 75 Jahren sehr zuverlässig funktioniert. Ich würde zum Beispiel die 30 Meter breite und 18 Meter hohe Verglasung der Fassade hervorheben. Das Glas hatte wärmeisolierende Eigenschaften, zerstreute das Licht im Innenraum und diente zugleich als Bildschirm für Werbungen.“

Zuvor hatte das Gasthaus und Kabarett „Zum Weißen Schwan“ an der Stelle des Einkaufspalastes gestanden. Von seinem Namen ließ man sich inspirieren: Seit 75 Jahren dreht sich nun bereits ein acht Meter großer Neonschwan auf dem Dach des Kaufhauses und ist bis heute das Wahrzeichen des Hauses.