Vor der Stichwahl in Tschechien: Scharfe Fernsehdebatte der beiden Präsidentschaftskandidaten

Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten

Die Kampagne vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl in Tschechien erreicht in dieser Woche mit mehreren Debatten der beiden Finalisten ihren Höhepunkt. Petr Pavel und Andrej Babiš (Ano) standen sich am Sonntagabend in einem scharfen Duell im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT) gegenüber.

Andrej Babiš | Foto: ČT24

Wirtschaftsfragen, das Verhältnis der Kandidaten zu den einzelnen politischen Parteien hierzulande, die kommunistische Vergangenheit der beiden Männer oder der Krieg in der Ukraine: Praktisch zu jedem Thema der zweistündigen Debatte gab es eine scharfe Auseinandersetzung. Ein Streit zwischen Ex-Premier und Ano-Parteichef Andrej Babiš und Ex-Nato-General Petr Pavel entfachte sich unter anderem um das Szenario eines eventuellen Angriffs auf Polen oder einen anderen Nato-Mitgliedsstaat. Babiš sagte dazu, er würde keine tschechischen Soldaten zur Hilfe entsenden:

„Nein, sicher nicht. Ich will Frieden und nicht Krieg. Ich würde keinesfalls unsere Kinder, also die Kinder unserer Frauen, in den Krieg schicken.“

Petr Pavel | Foto: ČT24

Petr Pavel erläuterte daraufhin das Prinzip der Nato und die daraus folgenden Pflichten der Mitgliedsstaaten:

„Wenn ein Mitglied angegriffen wird, kommen ihm die anderen zu Hilfe. Das ist in Artikel 5 enthalten. Wenn wir schon Mitglied einer solchen Organisation sind, folgen daraus im Rahmen der kollektiven Sicherheit für uns nicht nur Vorteile, sondern auch Verpflichtungen.“

Eva und Petr Pavel | Foto: ČT24

Diese Aussagen Babišs sorgten unmittelbar nach der Debatte in polnischen Medien für Kritik. Der Politiker relativierte später in einer Twitter-Nachricht seine Worte.

Der Kommentator des Tschechischen Rundfunks Petr Hartmann beurteilte die Diskussion der beiden Kandidaten unmittelbar nach der Debatte folgendermaßen:

„Ihr Auftreten entsprach ihrer bisherigen Art und Weise. Petr Pavel hat versucht, ruhig zu sprechen und die Fakten darzulegen. Andrej Babiš sprach so, wie wir es von ihm gewohnt sind. Das heißt, er häuft Gedanken an, die zum Teil aus Fakten bestehen, aber teilweise auch nicht der Realität entsprechen.“

Monika und Andrej Babiš | Foto: ČT24

Babiš hatte im Voraus wiederholt angekündigt, an der Debatte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht teilnehmen zu wollen. Nur wenige Minuten vor dem Beginn gab er am Sonntagabend bekannt, doch dazuzukommen. Damit habe Babiš versucht, das Überraschungsmoment auszunutzen, meint Petr Hartman. Seiner Meinung nach hat ihn die Entwicklung der Wählerpräferenzen dazu bewogen:

„In den verschiedenen Umfragen verliert Andrej Babiš an Boden. Sein Team kam daher wahrscheinlich zu der Einschätzung, dass es doch besser wäre, ein möglichst breites Spektrum an Wählern anzusprechen und die Debatte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht zu meiden. Denn sie hat das Potenzial, Millionen von Wählern zu erreichen.“

Montag ist der letzte Tag, an dem in Tschechien die Ergebnisse von Meinungsumfragen veröffentlicht werden dürfen. Laut der jüngsten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos würde Petr Pavel mit 58,8 Prozent Stimmen siegen, Andrej Babiš käme auf 41,2 Prozent. Die Stichwahl findet diesen Freitag und Samstag statt.

Foto: ČT24
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