Vor EU-Gipfel: Tschechien droht mit Veto bei Thema Bankenunion
Vor dem Hintergrund der ungelösten Griechenland-Krise kommen die EU-Staats- und Regierungschefs ab Donnerstagnachmittag in Brüssel zusammen. Wichtigstes Thema des Gipfeltreffens ist der Umbau der Eurozone. Dabei geht es vor allem um die umstrittene Bankenaufsicht. Frankreich drückt bei dem Prestigevorhaben aufs Tempo, während Deutschland es nicht eilig hat. Und die Tschechische Republik steht diesem Vorhaben sogar skeptisch gegenüber.
„Wenn die dem Vorschlag anhaftenden Problemfragen nicht gelöst werden und der Vorschlag somit keine Stabilitätsgarantie für den tschechischen Finanzsektor darstellt, dann werde ich von tschechischer Seite ein Veto einlegen. Die Regierung hat mir dafür das Mandat erteilt.“
Aber nicht nur die Regierung hegt Zweifel an einer EU-weit zentralisierten Bankenaufsicht. Der Verband der tschechischen Exporteure hat das Nečas-Kabinett am Mittwoch mit Nachdruck aufgefordert, den Beitritt Tschechiens zur Bankenunion „mit allen verfügbaren Mitteln“ zu verhindern. Der Vorsitzende des Verbandes, Jiří Grund, erklärt:
„Wenn wir der Bankenunion beitreten würden zu den Rahmenbedingungen, wie sie gegenwärtig vorgeschlagen werden, dann würden wir auch zustimmen, dass das Kapital unserer Banken in unkontrollierter Weise abgeschöpft wird.“Und diese Befürchtungen seien durchaus begründet, fügt Grund hinzu:
„Wenn derzeit eine ausländische Mutterbank bei ihrer Tochterbank in Tschechien mehr als 25 Prozent des Grundkapitals der Tochter abzweigen will, dann kann die Tschechische Nationalbank dagegen einschreiten. Im Falle einer Bankenunion ist das nicht mehr möglich.“
Tschechiens Banken haben im vergangenen Jahrzehnt solide gewirtschaftet. Geschäfte mit risikoreichen Investmentfonds wurden weitgehend vermieden, der hiesige Bankensektor gilt daher als stabil - auch oder gerade, weil sie mittlerweile zu 95 Prozent von Finanzinstituten aus dem Ausland geführt werden. In der Führungsrolle der ausländischen Mutterbanken aber sieht nun auch Premier Nečas ein Problem, sollte es in der EU zur Bankenunion kommen. Und Nečas fügt an:„Nur schwerlich können wir einer Verpflichtung zur Geldleihe zustimmen - zum Beispiel um unter den nationalen Fonds garantierte Einlagen zu schaffen, so wie es in einigen Vorschlägen angeführt wird.“
In Tschechien gibt es aber auch Stimmen, die ein allzu forsches Auftreten des Landes bezüglich der Bankenunion nicht begrüßen. Der Politexperte der Wochenzeitung „Respekt“, Jan Macháček, verweist dabei besonders auf die Tatsache, dass Tschechien kein Mitglied der Eurozone ist:
„Ich sehe keinen Grund dafür, dass wir unser Veto gegen eine Bankenunion einlegen und die anderen damit daran hindern, sich darüber zu einigen. Es ist doch logisch, dass die Eurozone eine bessere Integration wie auch erste Formen einer gemeinsamen Bankenaufsicht benötigt. Und wenn die Tschechische Republik nicht Bestandteil der Eurozone werden will, dann sollte sie sich hier zurückhalten und anderen nicht Knüppel zwischen die Beine werfen.“
Auch aus dieser Warte dürfte es also interessant sein zu sehen, wie Premier Nečas und die tschechische Delegation beim EU-Gipfel in Brüssel letztlich auftreten.