Wahl in der Ukraine - Juschtschenkos Zukunft

Kiew, den 27. Dezember 2004 (Foto: CTK)
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Die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine halten die europäischen Politiker und Medien in Atem. Der Sieger der am 26. Dezember wiederholten Stichwahl heißt Viktor Juschtschenko. Dem Sieg ging ein schwerer Weg des Protestes und der Mobilisierung einer ganzen Gesellschaft voraus. Gestern haben wir berichtet, dass ca. 7300 Ukrainer in der Tschechischen Republik wahlberechtigt waren und in den ukrainischen Konsulaten in Prag und Brünn ihre Stimmen abgegeben haben. Aber auch das Umgekehrte ist der Fall: Es gibt Tschechen, die seit langem in der Ukraine leben und mit der ukrainischen Staatsbürgerschaft auch das Wahlrecht erworben haben. Oliver Engelhardt gibt Ihnen heute ein Bild zur Präsidentschaftswahl aus der Sicht der Tschechen in der Ukraine:

Kiew,  den 27. Dezember 2004  (Foto: CTK)
Ungefähr 10 000 Tschechen leben aktuell in der Ukraine. Die meisten von Ihnen kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die Ukraine, nachdem dort 1861 die Leibeigenschaft abgeschafft und freier Landbesitz ermöglicht wurde. Viele Freiheiten und Minderheitenrechte, wie etwa eigene Schulen und Vereine hatten mit der Herrschaft Stalins ein Ende. Heute gibt es wieder viele aktive Heimatvereine, der älteste von ihnen ist die Ceská beseda in der westukrainischen Metropole Lviv (Lemberg). Ihr Vorsitzender, Evžen Topinka erklärte gegenüber Radio Prag, warum die große Mehrheit der tschechischen Landsleute in der Ukraine ihre Stimme Viktor Juschtschenko gegeben hat.

"Bei uns wird es mehr Demokratie und Transparenz in der Politik geben. Wir werden uns mehr nach Westen orientieren. In letzter Zeit hatten die Medien keine Meinungsfreiheit. Wir denken, das wird sich jetzt ändern. Uns haben Verbrecher regiert. Jetzt werden viele von Ihnen ins Gefängnis kommen und langsam wird Ordnung einkehren."

Viktor Juschtschenko  (Foto: CTK)
Weitere Tschechen waren in den letzten Tagen als Wahlbeobachter in der Ukraine. Unter ihnen war Ondrej Soukup, Mitarbeiter der größten tschechischen Hilfsorganisation "Mensch in Not" und Ukraine-Experte. Sieht er einen Grund, das jetzige Ergebnis der Wahlen anzuzweifeln?

"Heute Morgen wurde bereits gemeldet, dass der unterlegene Kandidat Janukowitsch vor Gericht die Ungültigkeit der Wahlen erstreiten möchte. Demzufolge, was ich und meine Kollegen hier beobachtet haben, gibt es dazu aber keinen Grund. Im Gegensatz zur ersten Stichwahl verlief alles sehr ruhig und keiner von uns hat besondere Probleme bemerkt. Eine der wichtigsten Aufgaben des neuen Präsidenten wird es sein, die Gespaltenheit der Ukraine zu überwinden. Die 42 Prozent, die der Kandidat der bisherigen Regierung erhielt, sind ja keine gefälschten Stimmen, sondern Menschen, die Janukowitsch für besser halten, denen an besseren Beziehungen zu Russland gelegen ist, oder die aus sozial schwächeren Bedingungen stammen. Juschtschenko muss sie nun schnell überzeugen, dass er auch ihr Präsident ist."

Viktor Janukowitsch  (Foto: CTK)
Die weitere Entwicklung der Situation in der Ukraine, war auch eines der häufigsten Themen in den tschechischen Medien. In einem Kommentar der Tageszeitung Mladá fronta Dnes von Dienstag heißt es dazu:

"Die Ukraine steht auf zwei Beinen. Das eine in der Nähe Russlands, das andere näher an Mitteleuropa. Falls die Ukraine nur mit einem Bein Richtung Demokratie schreitet und das andere nur mühsam hinter sich her zieht, wird sie nicht weit kommen."