Zerstörte Wälder und Gift im Boden: Tschechien will Ukraine bei Revitalisierung der Umwelt helfen

Zerstörte Waldflächen, Öl und Diesel im Erdboden, zerbombte Fabriken, aus denen Gefahrstoffe austreten können – auch die Umwelt in der Ukraine leidet unter dem Krieg. In dieser Woche werden die EU-Länder mit dem ukrainischen Umweltminister Ruslan Strilets in Prag darüber verhandeln, wie man die Natur im Land schützen und beim Wiederaufbau helfen kann. Auch tschechische Firmen und Wissenschaftler wollen das Land dabei unterstützen.

Miroslav Havránek | Foto: Cenia

Mit der Beseitigung von Giften und Gefahrstoffen hat man in Tschechien Erfahrung. So sagte der Leiter der tschechischen Umweltinformationsagentur Cenia, Miroslav Havránek, in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Für seine Größe ist Tschechien in Sachen Dekontamination geradezu eine Weltmacht. Das liegt daran, dass die sowjetische Armee nach ihrem Abzug ein ganz tolles Geschenk hinterlassen hat: Zahlreiche kontaminierte Flächen. Zudem hat die Industrie hierzulande während der Zeit des Kommunismus keine Rücksicht auf die Umwelt genommen. Deshalb hatten wir hier zahlreiche Verunreinigungen – und haben sie bis heute. Aber all das hat eben dazu geführt, dass wir uns mit Dekontamination ziemlich gut auskennen.“

Tschechische Experten haben zudem bereits in der Vergangenheit der Ukraine geholfen, die Belastung für die Umwelt aufzuzeichnen. In der Gegend um Dnipro war vor einigen Jahren Ivan Holoubek von der Masaryk-Universität dabei. Sein Team hat in der Ukraine untersucht, wie hoch die Belastung durch Chemikalien aus ehemaligen Fabriken ist. Und genau davon könne man auch heute lernen, so der Professor für Umweltchemie:

Ivan Holoubek | Foto: ČT24

„Wir können helfen, das Problem zu visualisieren und eine interaktive Karte anzufertigen. Diese könnte dann etwa von der Europäischen Union oder den Vereinten Nationen verwendet werden, um einen Überblick über die Lage zu bekommen. Überall dort wo die industrielle Infrastruktur beschädigt wurde, das heißt etwa Kraftwerke oder metallproduzierende und -verarbeitende Betriebe zerstört sind, wird die Kontamination sehr groß sein.“

Doch bereits nach der russischen Invasion am 24. Februar 2022 hat Tschechien geholfen. So hat die tschechische Atomaufsichtsbehörde (SÚJB) dem Land etwa Schutzanzüge oder Geräte zur Messung der Strahlendosis geliefert. Dana Drabová leitet die Institution. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte sie:

Dana Drábová | Foto: Rostislav Šebesta,  Tschechischer Rundfunk

„Die Dosimeter und die Safecast-Geräte ermöglichen die kontinuierliche Messung der Strahlung. Das heißt, sie tun das Gerät in ihre Hosentasche oder in ihr Auto und entlang der zurückgelegten Strecke wird die Radioaktivität gemessen. Wir haben zehn solche Systeme geliefert. Das mag wenig erscheinen, ist es aber ganz und gar nicht, denn im Internet lässt sich verfolgen, wie viele Daten bereits gemessen wurden. Dadurch können wir die Strahlensituation in der Ukraine permanent im Blick behalten. Bisher ist die Strahlung dort normal.“

Doch nukleare Strahlung und die Verseuchung durch Chemikalien, das sind nicht die einzigen Probleme in der Ukraine. So wurden laut Angaben des ukrainischen Umweltministeriums bei den Kämpfen bisher 36.000 Hektar Wald und 10.000 Hektar Wiesenflächen entzündet und zerstört. Nicht nur bei der Aufforstung, sondern auch bei den Aufräumarbeiten der Trümmer könnten Tschechen helfen. Wann dafür jedoch persönlich Menschen in die Ukraine reisen können, ist der tschechischen Umweltministerin Anna Hubáčková (Christdemokraten) zufolge noch unklar:

Anna Hubáčková | Foto: Zdeňka Trachtová,  Tschechischer Rundfunk

„Wir können erst nach dem Ende des Angriffskrieges damit beginnen, die Schäden für die Umwelt aufzuzeichnen. Bereits jetzt sind wir aber personell und finanziell in der Lage Lösungsstrategien vorzuschlagen. Zudem wollen wir mit dem Forschungsinstitut für die Wasserwirtschaft (VÚV), mit der Umweltinformationsagentur Cenia und dem tschechischen Amt für Geologie zusammenarbeiten.“

Die Finanzen für die Revitalisierung der ukrainischen Umwelt könnten laut Hubáčková aus den Reserven ihres Resorts kommen. Im kommenden Jahr will die Ministerin für die Ukraine-Hilfe im Bereich Umwelt einen eigenen Posten im Staatshaushalt vorsehen.

Illustrationsfoto: Ввласенко,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0
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