Wahlen 2002: Familienpolitik

Und nun hören Sie einen weiteren Beitrag aus der Miniserie zu den Abgeordnetenhauswahlen 2002. Das Thema heute: Familienpolitik. Olaf Barth berichtet.

"Die 2500 Kronen Kindergeld reichen doch noch nicht einmal, um die Windeln zu bezahlen."

"Wir würden gerne aus der für unsere vierköpfige Familie viel zu kleinen und überdies zu teuren Zweizimmerwohnung in Prag ausziehen. Aber die größeren Wohnungen sind noch teurer und eine Hypothek kann ich mir trotz meines guten Durchschnittsverdienstes nicht leisten."

"Das Mutterschaftsgeld ist viel zu wenig und nebenher dazuverdienen darf ich auch nur ein paar Kronen, sonst verliere ich meinen Anspruch und kriege gar nichts mehr."

So oder so ähnlich klingen die alltäglichen Sorgen junger Väter und Mütter in der Tschechischen Republik. Die gesellschaftliche Bedeutung dieser Probleme wird schnell klar:

Die Geburtenrate gehört bereits zu den niedrigsten Europas und sinkt weiter, dem hiesigen Arbeitsmarkt werden im Jahre 2030 laut Studien ca. 420 000 Arbeitskräfte fehlen, Familien mit zwei oder mehr Kindern leben immer häufiger an oder unter der Armutsgrenze. Eindeutige Trends!

Diesen Entwicklungen versuchte vor allem der sozialdemokratische Minister für Arbeit und Soziales, Vladimir Spidla, entgegen zu wirken.

Doch Michaela Freiova vom sog. Bürgerinstitut sagt:

"Über die Familienpolitik der sozialdemokratischen Regierung kann ich nicht viel Gutes sagen. Bis zum letzten Moment verspricht die Regierung den Familien finanzielle Unterstützungen, sie hat aber nicht viel durchgesetzt."

Vor allem die Steuerbelastung der Familien sei laut Freiova zu hoch.

Die sozialdemokratische Regierung schlug u.a. vor, dass Einkommenslimit für Empfänger von Erziehungsgeld künftig aufzuheben, eine Erhöhung des Kindergeldes stand ebenfalls zur Debatte. Doch man kam mit den Vorschlägen im Parlament nicht durch. Interessant ist, das nun einige Parlamentsparteien, wie etwa die bürgerlich-liberale Koalition, mit ähnlichen Forderungen in den Wahlkampf ziehen. Frau Freiova sieht diese Punkte aber nicht als entscheidend an und meint, das Hauptproblem sei die Wohnungskrise, diese hätte schon unter der ODS-Regierung um Vaclav Klaus gelöst werden müssen.

Die vom derzeitigen Kabinett kürzlich beschlossenen staatlichen Hypothekenzuschüsse für junge Familien hält sie eher für Wahltaktik:

"Die Entwürfe sind für die finanziell leicht überdurchschnittlich gestellten Familien. Aber für beginnende Familien ist das wirklich nicht genug."

Des weiteren sei es notwendig den Kommunen größere Kompetenzen einzuräumen. Vorzüge sieht Freiova in den Programmen der christdemokratischen Volkspartei:

"Sie verspricht ein Gesetz zur Förderung der Familien. Und die ODS möchte vor allem die Hindernisse abschaffen, die den Familie die freie Arbeitstätigkeit erschweren. Das halte ich für sehr wichtig."

Aber an Versprechen besteht derzeit ohnehin kein Mangel, fraglich bleibt aber deren Realisierung.

Autor: Olaf Barth
abspielen