Wallfahrtsort mit Tradition: Mariánské Radčice
Mariánské Radčice – auf Deutsch Maria Ratschitz – ist einer der ältesten Wallfahrtsorte in Böhmen. In den letzten Jahren wird die Stätte wiederbelebt. Der deutsche Priester Christopher Cantzen hat die Kirche für Radio Prag International vorgestellt.
Wie alt ist die Wallfahrtsstätte?
„Maria Ratschitz ist einer der ältesten Wallfahrtsorte in Böhmen, mit urkundlichen Erwähnungen schon aus dem 13. Jahrhundert. Wir stehen vor dem Altar der sieben Schmerzen Mariens, und das ist auch das Patrozinium der Kirche. In der Mitte findet sich die Mariendarstellung mit dem Schwert. Darüber steht in Deutsch das Zitat aus dem Lukas-Evangelium: ,Ein Schwert wird durch deine Seele dringen.‘ Wenn wir uns ein wenig nach vorne bewegen, sehen wir die Abbildungen der sieben Schmerzen. Allerdings fehlen von den sieben Schmerzen vier Stück. Die Bilder wurden während der Zeit des Kommunismus gestohlen.“
Hat die Kirche mit ihrer Ausstattung ansonsten die kommunistische Zeit überstanden?
„Der Großteil hat die Zeit überstanden. Es fehlen ein paar Sachen, die abhandengekommen sind, als die Kirche für den Publikumsverkehr offen war. Das große Glück ist der Kreuzgang außen herum. Deswegen konnte niemand an die Kirche heran und auch nicht so leicht in die Kirche eindringen. Deswegen ist auch vom Inventar so gut wie nichts verschwunden. Die Plastiken sind allzu schwer und nicht wertvoll genug, und so versuchte niemand, sie zu klauen.“
Wann erlebte Maria Ratschitz sozusagen seine Blütezeit als Wallfahrtsort?
„Wir haben eine 800-jährige Wallfahrtstradition, jedoch am stärksten war sie im 18. Jahrhundert – nach der Rekatholisierung nach dem Dreißigjährigen Krieg. Damals wurde die Wallfahrtsstätte vom Kloster Ossegg ausgebaut. Im 18. und 19. Jahrhundert kamen über 200.000 Wallfahrer während eines Jahres nach Maria Ratschitz. Das ist auch der Grund, warum im Kreuzgang so viele Beichtstühle stehen. Bei einer Wallfahrt war es normal, dass die Leute zur Beichte gegangen sind. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs lebte die Wallfahrtstradition wieder auf – dank Abt Bernhard (Bernhard Thebes 1928-2010, Anm. d. Red.), der damals im Kloster Ossegg lebte. Wir haben die Tradition fortgesetzt, so findet hier am 13. jeden Monats die Monatswallfahrt statt.“
Auf den ersten Blick fallen die Kirchenfenster auf…
„Sie stellen einige Momente aus dem Leben der Jungfrau Maria dar. Zu sehen ist die Verkündigung des Engels an Maria, die typische Herz-Jesu-Darstellung mit Maria. Etwas sehr Untypisches ist hingegen die Abbildung der Heiligen Familie in einer Alltagssituation, wie man sich das früher vorgestellt hat – Maria wacht über Josef und Jesus, die beide handwerklich tätig sind. Das ist eine sehr ungewöhnliche Abbildung. Die Fenster sind nicht neu, wurden aber restauriert. Einige der Fenster müssen noch in Stand gesetzt werden.“
Wird die hiesige Orgel benutzt?
„Ja. Die Orgel spielt, aber nicht besonders schön. Sie müsste einmal komplett saniert werden. Das würde heißen, sie komplett auseinanderzunehmen, reinigen und wieder zusammenzusetzen. Im Moment fehlt jedoch das Geld dafür. Zudem ist noch der Holzwurm drin. Aber die Orgel spielt.“