Was können wir von der EU erwarten? Delegation der Europäischen Kommission antwortet auf Fragen von Studenten

Ramiro Cibrian und Wim Kok (Foto: CTK)

Was können wir von der EU erwarten? Diese Frage konnten sich am Dienstag Schüler und Studenten aus Tschechien, Polen und Deutschland in Liberec beantworten lassen. Adressieren konnten sie ihre Fragen an eine siebenköpfige Delegation der Europäischen Kommission. Unter anderem gaben Ramiro Cibrian und der ehemalige Premier der Niederlande, Wim Kok, bereitwillig Auskunft. Letzterer hatte sich im Rahmen seiner Funktion als Vorsitzender einer unabhängigen Expertengruppe zur Beurteilung der Konsequenzen des EU-Beitritts Tschechiens, Polens und der anderen Kandidatenländer, zu einem zweitägigen offiziellen Besuch in der Tschechischen Republik eingefunden. Welche Fragen die Studenten besonders beschäftigten und wie Ex-Premier Wim Kok die Diskussion einschätzte, hören Sie im folgenden Beitrag von Katrin Sliva:

Ramiro Cibrian und Wim Kok  (Foto: CTK)
Zunächst schien eine Diskussion nicht so recht aufkommen zu wollen. Schließlich meldeten sich aber doch noch Studenten zu Wort: In erster Linie mit Fragen, die die Informationsstrategien der EU betrafen. Also, wie werden beispielsweise ältere Menschen in den Kandidatenländern über die EU informiert, die möglicherweise keinen Zugang zum Internet haben? Wie wird den Ängsten der Bevölkerung begegnet? Gibt es Kampagnen, die uns Kandidaten in den EU-Mitgliedstaaten sichtbar machen? Vor allem vor dem Kontext des Referendums, in dessen Rahmen die Bevölkerung Tschechiens am 15. Und 16.Juni darüber entscheiden wird, ob sie tatsächlich beitreten will, sind Fragen nach Informationskampagnen nur allzu verständlich. Ein anderes Thema, das den Studenten Sorge zu bereiten schien, betraf den Bereich Wirtschaft. Ein polnischer Student der Neiße-Universität fragte: "Wie sollen die deutlich spürbaren wirtschaftlichen Unterschiede zwischen beispielsweise Deutschland und Polen überwunden werden?" Worauf Ramiro Cibrian entgegnete, dass man keine "Wunder" erwarten könne. Er verwies auf das Beispiel West- und Ostdeutschland, wo es noch fast 14 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer noch Unterschiede gebe. Aber, so betonte er, man dürfe darauf vertrauen, dass sich - nicht zuletzt durch einen gemeinsamen europäischen Markt - eine schrittweise Annäherung vollziehen werde.

Im Anschluss an die Diskussionsveranstaltung bat ich Wim Kok um seine Einschätzungen:

"Ich hätte erwartet, dass gerade junge Leute über Europa in der Welt sprechen möchten, über Menschenrechte, über Konfliktregionen, über die gegenwärtige Irak-Krise und das Nicht-Vorhandensein einer europäischen Politik in diesem Konflikt, da Europa in dieser Hinsicht gespalten ist. Ich war erstaunt, dass vor allem diese Frage gar nicht zur Sprache kam. Aber das soll keine Kritik sein. Es ist lediglich eine Beobachtung."

Und auf die Frage, ob seiner Meinung nach die Tschechen gut über die EU informiert seien, antwortete er:

"Es gibt nach wie vor Informationsdefizite. Das gilt aber nicht nur für die Kandidatenländer. Auch die Mitgliedsstaaten haben mit diesem Phänomen zu kämpfen."