Wegen Corona und Dürre: Weniger Hexenfeuer zur Walpurgisnacht
Die Walpurgisnacht, auch bekannt als Hexenbrennen, wird auch heute noch – allerdings in moderner und geselliger Form – begangen. In Tschechien ist das Anzünden der symbolischen Scheiterhaufen sehr populär. In diesem Jahr aber wird der Brauch von zwei Elementen beeinträchtigt: der Corona-Krise und der Dürre.
So unterschiedlich reagierten Bürger des Landes in einer Umfrage des Tschechischen Rundfunks zur Walpurgisnacht in diesem Jahr. Daraus spricht eine gewisse Verunsicherung, aber genauso das Bewusstsein, die wegen der Coronavirus-Pandemie erlassenen Auflagen einzuhalten. Darauf machte am Donnerstag mit Nachdruck Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten) aufmerksam:
„Natürlich gilt auch für das mögliche Abbrennen von Hexenfeuern oder für Aktionen zum 1. Mai, dass die von der Regierung angeordneten Regelungen eingehalten werden. Das heißt, es dürfen maximal zehn Menschen zusammenkommen, es muss der Mindestabstand gewahrt und Mundschutz getragen werden.“
Zu diesen Auflagen aber kommt mittlerweile eine noch tiefer greifende Einschränkung für die Hexen- oder Lagerfeuer aller Art: Es ist die anhaltende Trockenheit im Land. Erst am Mittwoch bezeichnete Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano) die aktuelle Lage als „katastrophal“. Auf einer Pressekonferenz gab er bekannt, dass die großen Flüsse des Landes derzeit nicht einmal ein Drittel der Wassermengen führten, die sie ansonsten im April hätten. So liege der Pegelstand der Moldau in Prag bei 22 Prozent ihres monatlichen Durchschnitts, in der Elbe bei Ústí nad Labem / Aussig seien es auch nur 28 Prozent. Die Wissenschaftler des Projektes InterSucho erklärten zudem, dass die Daten zur Dürre in Tschechien, die sie seit 2015 gesammelt haben, die schlimmsten der vergangenen 500 Jahre wären. Für Umweltminister Brabec ein weiterer Grund, einen eindringlichen Appell an alle zu richten:„Früher hat es 14 Tage am Stück geregnet. Heute ist die Lage so, dass ein Gewitterguss die durchschnittliche Regenmenge eines Monats binnen zwei Stunden bringt. Dieses Wasser müssen wir unbedingt auffangen.“Doch das ist einfacher gesagt als getan. So erläuterte der Landwirtschaftsexperte der Prager Wirtschafts-Hochschule, Oldrich Syrovátka, im Tschechischen Rundfunk:
„Die Böden sind hart, ihnen fehlt es an organischer Substanz. Daher haben viele Böden keine oder nur geringe Fähigkeiten, Wasser zu speichern. Wenn es also regnet und das Wasser zufällig in den Boden eindringt, fließt es meist unterhalb der Grasnarbe schon wieder ab.“
Nach Meinung von Syrovátka muss sich die Einstellung der hiesigen Landwirte zur Bestellung der Böden und zum landwirtschaftlichen Anbau grundlegend ändern. Man müsse wegkommen von den weit verbreiteten Monokulturen wie auch von der großflächig betriebenen Besprühung der Felder mit Chemikalien. Und man müsse auch eine Sache etwas rückgängig machen, die unsere Väter und Großväter im vergangenen Jahrhundert in großem Stil getan hätten: die Entwässerung der Böden durch Drainage-Systeme. Dazu sagte Syrovátka:
„Die heutige junge Generation ist sich dessen gar nicht bewusst, doch zum Ende des vergangenen Jahrhunderts wurden die Böden überall entwässert. Mittlerweile ist es ein Problem, dass in unserem Land wohl jedes Quellgebiet dadurch bereits geschädigt ist.“Auch Umweltminister Brabec spürt immer deutlicher, dass die Dürre zu einem ernsthaften Problem für das Land wird, vor allem für künftige Generationen. Deswegen hat der Ano-Politiker für den 12. Mai eine große Zusammenkunft einberufen: die sogenannte „Nationale Koalition für den Kampf gegen die Dürre“.