Weihnachten in zwei tschechischen Klöstern

Kloster Strahov

Gibt es ein Weihnachten jenseits von Kaufhäusern, Plastiknikoläusen und Dosenschnee? Jörn Nuber stellt in den folgenden Minuten zwei tschechische Klöster und ihre Weihnachtsbräuche vor.

Der Klarissenorden ist ein katholischer Frauenorden, der als einer der strengsten weiblichen Orden der katholischen Kirche gilt. Seine Schwestern leben in Abgeschiedenheit von der Welt, sie haben kein persönliches Eigentum und verzichten auf alles, was das Leben angenehm machen könnte. Stunden der Meditation und des Gebetes prägen den Tag der Klarissen: sieben mal kommen sie zusammen, um insgesamt fünf bis sechs Stunden zu beten und zu singen. Den Rest der Zeit verrichten sie Arbeiten.

Während des kommunistischen Regimes war der Klarissenorden in der Tschechoslowakei offiziell verboten. Eine kleine Gruppe junger Frauen aus dem südmährischen Brno/Brünn, die als Ordensschwestern leben wollten, mussten dies heimlich tun. Sie wohnten in Familienhäusern und gingen täglich im Krankenhaus einer normalen Arbeit nach. Morgens und abends jedoch trafen sie sich regelmäßig zum gemeinsamen Gebet im Untergrund. Nach der politischen Wende baten sie beim deutschen Klarissenorden um Unterstützung für die Errichtung eines neuen Klosters, um an die Ordenstraditionen wieder anknüpfen zu können. Schwester Thoma kam daher vor sieben Jahren aus dem Paderborner Klarissenkloster nach Brünn, um gemeinsam mit der kleinen geheimen Klarissengemeinde ein neues Kloster am Stadtrand aufzubauen.

Dass die Ordensschwestern ihren Tag der Kontemplation und dem Gebet widmen, wurde schon Eingangs erwähnt. Dies ist natürlich auch in der Advents- und Weihnachtszeit nicht anders. Der Advent jedoch steht auch geistig ganz im Zeichen der Vorbereitung auf das Geheimnis, das in der weihnachtlichen Ankunft Christi gesehen wird, und die Gottesdienste haben im Advent eine besondere Liturgie, die auf das Weihnachtsfest vorbereiten soll. Schwester Thoma erzählt uns, was für die nunmehr elf Schwestern des Brünner Klarissenklosters, Weihnachten bedeutet:

Dass der Austausch von Geschenken nicht im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes der Klarissen steht, dürfte also klar geworden sein. Die Christmette wird dafür jedoch umso feierlicher gestaltet. Ein festlicher Christbaum steht in der Kirche, und die Kinder aus der Umgebung führen ein Krippenspiel auf. Auch wird die in Tschechien sehr bekannte Weihnachtsmesse von Jakub Jan Ryba gesungen. Gibt es eigentlich etwas besonderes zu essen? Überraschenderweise backen auch die kontemplativen Klarissen in der Adventszeit Plätzchen. Und am Weihnachtstag selbst kommt das tschechische Weihnachtsgericht schlechthin auf den Tisch: Karpfen, Kartoffelsalat und Fischsuppe.

Die Zeit zwischen den Jahren ist bei eher weltlich orientierten Menschen die Zeit, in der Billanz gezogen wird, und Pläne für das neue Jahr geschmiedet werden. Woran denken die Klarissen in diesen Tagen? Schwester Thoma:

Etwas weniger kontemplativ geht es bei den weltoffenen Prämonstratensern zu. Sie versuchen ein Beispiel von der Gottesgemeinschaft zu geben, indem sie ein einfaches, gemeinschaftliches Leben führten, so nah wie möglich am Vorbild der ersten Christen, wie sie in der Apostelvereinigung gesehen wird. Dabei bleiben die katholischen Mönche in das öffentliche Leben einbezogen, indem sie zum Beispiel Pfarreien betreuen. Die Prager Prämostratenser sind im "Juwel vom Prag", dem Kloster Strahov untergebracht. Der Gebäudekomplex, der die Anhöhe über der Kleinseite dominiert, war Jahrhunderte lang kultureller und intellektueller Mittelpunkt der Stadt. Davon zeugt auch die prächtige Bibliothek, die heute die wichtigste Sammlung philosophische Texte des Mittelalters in Böhmen beherbergt.

Nur zwei mal in der langen Geschichte des Klosters konnten die Angehörigen die Ordenstradition nicht fortsetzen: Während der Hussitischen Kriege im 15. Jahrhundert, sowie in der Neuzeit unter den Kommunisten. Bis zum Wiedereinzug der Mönche in das Kloster 1996 arbeiteten die meisten Angehörigen des Ordens in Diozösepfarreien. Andere hatten zivile Berufe in Behörden oder Fabriken und lebten in einfachen Wohnungen. Von den 83 Prämonstratensern, die heute dem Kloster Strahov angehören, leben jedoch auch jetzt nicht alle in dem historischen Gebäude. Nur die Mönche, die mit Verwaltungsaufgaben betraut sind, sowie Novizen und gelegentlich Studenten, wohnen auf dem Klostergelände. Die übrigen Mönche arbeiten und leben in den 24 Pfarreien, die dem Kloster angehören. Sie nehmen jedoch an der Klostergemeinschaft teil.

Der Tagesablauf eines Strahov-Prämonstratensers sieht folgendermaßen aus: Um sechs Uhr beginnt das Chorgebet. 1 1/2 Stunden später, um 7:30 also, wird gemeinsam gefrühstückt. Im Anschluss machen sich die Novizen auf den Weg in die Schule, und die Mönche gehen ihrer Arbeit nach. Um dreizehn Uhr trifft man sich zum Mittagsgebet, dem sich das gemeinsame Mittagessen anschließt. Nach einem weiteren Chorgebet steht Zeit für das private Studium oder weiteren Arbeiten zur Verfügung. Nach der Vesper um Halbsechs wird ein weiteres mal Messe gefeiert, danach steht Freizeit auf dem Programm.

Während der Adventszeit ändert sich daran äußerlich wenig, aber: Der Advent ist bei den Prämonstratensern eine Zeit recht ernsthafter Stimmung. Wie in den meisten katholischen Kirchen, werden die Messen ohne- oder nur mit leiser Orgelmusik gefeiert. Der Stil der Lieder ist intensiver, es werden geistliche Weihnachtslieder aus alter Überlieferung, sogenannte Horaten, gesungen. Weihnachten gilt als Gedenktag von Christi Geburt, aber auch als persönliche Vorbereitung auf die nächste Zukunft im Sinne der Wiederkunft Christi und dem Reich Gottes.

Ähnlich wie in der Zeit vor Ostern, fasten die Mönche zum Zweck der stärkeren Konzentration - allerdings nicht ganz so streng, wie Evermod Sidlovsky, Leiter der Klosterbibliothek Strahov, erklärt:

Übrigens versicherte uns Bruder Sidlovsky, dass ein Plätzchen hin und wieder erlaubt ist.

Der Heilige Abend dann steht ganz im Zeichen eines familiären Festes. Und dieses beginnt -wie sollte es anders sein- mit einem gemeinsamen Essen. Was kommt auf den Tisch?

Im sogenannten Rekreationszimmer, einer Art Versammlungsraum für die Freizeit, wo Ferngesehen, Billard oder Klavier gespielt werden kann, steht schon während der Adventszeit ein festlicher Weihnachtsbaum. Dort treffen sich nach dem Essen alle Angehörigen des Klosters und tauschen Geschenke aus. Wer wem etwas basteln oder kaufen wird, wurde schon einige Wochen zuvor ausgelost. Bei der Bescherung werden auch tschechische Weihnachtslieder gesungen, die sogenannten Kolleda.

Um Mitternacht findet dann, als eigentlicher Höhepunkt des Festes, die Heilige Messe statt. Mit einer kleinen Erfrischung -die Vermutung ist gestattet, dass es sich hierbei um Plätzchen und vielleicht einen Umtrunk handelt- klingt der Heilige Abend aus. Am Morgen des 25. Dezember findet das Pontifikalamt statt, die Feier der Geburt Christi. Und am 26. Dezember, dem Tag des Heiligen Stephanus, gehen nach altem Brauch die Novizen in der Pfarrgemeinde von Haus zu Haus, singen Weihnachtslieder und bekommen Süßes oder Äpfel von den Leuten.

Ist Weihnachten auch für Prämonstratenser die Zeit, in der sie neue Ziele vor Augen nehmen? Sidlovsky dazu:

Und damit ist die heutige Weihnachtssendung fast zu Ende. Es sei jedoch noch verraten, dass die Mönche laut Auskunft des Klosterbibliothekars besonders gerne Abenteuerromane lesen. Wahrscheinlich wird also auch das ein oder andere Abenteuerbuch unter dem Weihnachtsbaum im Strahover Rekreationszimmer zu finden sein. Frohes Fest wünschen Ihnen Dagmar Keberlova und Jörn Nuber.

Autor: Jörn Nuber
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