Weihnachtsgeschäft: Händler befürchten Umsatzrückgang und senken Preise
An diesem Sonntag ist es wieder einmal soweit: Auch in vielen tschechischen Haushalten wird man ein Licht anzünden, denn wir haben den ersten Advent. Spätestens dann werden auch bei so manchem Verbraucher die Glocken klingeln: Es wird allmählich Zeit, mit den weihnachtlichen Besorgungen zu beginnen. Der tschechische Einzelhandel ist seinen Kunden in dieser Hinsicht schon längst voraus: mit vorweihnachtlichen Sonderangeboten.
„Das ist in der Tat sehr früh. Eines Tages wird das dann wohl dazu führen, dass wir sagen werden: ´Der König ist tot, es lebe der König!´ Mit anderen Worten: Kaum ist das Weihnachtsfest vorbei, werden wir schon das nächste in Angriff nehmen.“
Es gibt aber auch sachliche Gründe für die leicht polemische Kritik. Jitka Vysekalová:
„Das kann in einem gewissen Sinne auch kontraproduktiv sein, denn das Weihnachtsfest sollte den Zauber seiner Einmaligkeit nicht verlieren. Das heißt, Weihnachten wird mit all seinen Bräuchen immer erst zum Ende des Jahres gefeiert. Wenn man das Fest jedoch kommerziell in die Länge zieht, dann verliert es seinen Reiz.“
Und noch ein Fakt spricht gegen den frühzeitigen Beginn des Weihnachtsgeschäfts, so Vysekalová:
„Auf der anderen Seite wissen wir nur allzu gut: Es gibt nicht wenige Leute, und allen voran sind es Männer, die ihre Weihnachtseinkäufe immer erst auf den letzten Drücker machen.“
Derartige Gedanken sind aber bei Geschäftsleuten eher Nebensache. Sie wollen und können nichts dem Zufall überlassen. Erst recht nicht, wenn einschlägige Umfragen einen Glauben machen, dass die tschechischen Verbraucher in diesem Jahr zu Weihnachten rund 15 Prozent weniger für Geschenke ausgeben wollen als im vergangenen Jahr. Die Händler haben ihre vorweihnachtlichen Sonderangebote also auch deshalb so früh gestartet, um das Risiko zu minimieren; nämlich das Risiko, eventuell auf Ladenhütern in größeren Mengen sitzen zu bleiben. Jitka Vysekalová hält dem entgegen, dass solche Umfragen zumeist nicht der Realität entsprechen:
„Vor zwei Jahren zum Beispiel hat die Agentur Factum Invenio eine Umfrage durchgeführt, um zu ergründen, wie viel Geld die Kunden für das Weihnachtsfest ausgeben wollen. Im Januar hat die Agentur dann erfahren, wie viel die Leute tatsächlich für Geschenke und das weihnachtliche Drumherum ausgegeben haben. Man hat dann festgestellt, dass die Realität im Schnitt um mehr als 600 Kronen je Person über dem Betrag liegt, mit dem man anhand der Umfrage eigentlich gerechnet hatte.“
600 Kronen, oder umgerechnet 23 Euro, das entspricht in etwa jenen 15 Prozent, die die Kleinhändler den Umfragen zufolge im diesjährigen Weihnachtsgeschäft weniger einnehmen werden. Kurz vor Weihnachten sitzt das Portemonnaie also zumeist doch lockerer, als es uns die Verbraucher zunächst beteuern. Deshalb sieht auch der Analytiker der Finanzgesellschaft Next Finance, Vladimír Pikora, den möglichen Einnahmenschwund als unerheblich an:
„Es wird einen Rückgang geben, aber dieser Rückgang wird nicht so rasant sein wie befürchtet. Ich denke auch, dass der Ertragsverlust nicht so hoch ausfallen wird, wie er in den Umfragen prognostiziert wird. Schon deshalb nicht, weil die Verbraucher bei den weihnachtlichen Posten nicht sparen werden.“Und Pikora ergänzt, welche Posten er dabei besonders im Auge hat:
„Mit Sicherheit werden wieder sehr viele Karpfen und Weihnachtsbäume gekauft. Also meiner Meinung nach wird der Einnahmenschwund nicht sehr extrem ausfallen und höchstwahrscheinlich auch vier Prozent nicht übersteigen.“
Vladimír Pikora begründet seine Meinung auch damit, dass in diesem Jahr nahezu alle Geschenkartikel, die auf dem weihnachtlichen Gabentisch landen, etwas billiger angeboten werden als im vorigen Jahr. Darunter gibt es sogar noch einige Waren, bei denen die Preissenkung besonders ins Auge fällt, so Pikora:
„Den größten Preisnachlass können wir bei Lebensmitteln und bei Elektronik-Waren feststellen. Aber zum Beispiel auch Autos sind jetzt billiger zu haben.“
Wie Pikora ist auch Jitka Vysekalová der Ansicht, dass in diesem Jahr kaum ein Tscheche auf den hierzulande typischen Weihnachtskarpfen oder auf den festlich geschmückten Christbaum verzichten wird. Obwohl, so die Vorsitzende der Tschechischen Marketing-Gesellschaft etwas enttäuscht, immer mehr ihrer Landsleute inzwischen schon auf einen künstlichen Weihnachtsbaum zurückgreifen würden. Wenn es jedoch um die Weihnachtsgeschenke geht, dann wird ihrer Meinung nach der Preis allein wohl eher nicht zum Kauf anregen:
„Ich denke, dass die Sonderangebote nicht alles sind. Der Preis ist sicher ein bedeutender Teil dessen, was die Leute interessiert. Ein nicht unerheblicher Teil aber ist auch die Aufmachung, also er Blickfang, mit dem das Produkt angeboten wird. Hier sind Ideen und Kreativität gefragt, die den Kunden ansprechen. Denn der Kunde will das Produkt ja ohnehin kaufen, aber er wird es eher dort kaufen, wo es ihn am meisten anspricht.“
Für die Händler und Kleinwarenverkäufer bleibt also noch genügend Spielraum, um ihre Ware im Weihnachtsgeschäft auch an den Mann zu bringen. Ein Vorhaben, dass Jitka Vysekalová aus beruflicher Sicht durchaus nachvollziehen kann. Als Privatperson aber würde sie dem Weihnachtsfest eine ganze andere Aufmerksamkeit zuteil werden lassen:
„Ich denke, dass es insbesondere wichtig ist, dass die Menschen Weihnachten nicht nur mit dem Konsum verbinden sollten. Die Festtage sollten ihnen vielmehr Zeit und Raum geben, um sich mit ihren Freunden in gemütlicher Runde zu treffen. Und dazu benötigen wir nun wirklich nicht so viele Sachen.“
Im vorigen Jahr haben die Tschechen übrigens umgerechnet 140 Euro im Schnitt für ihre Weihnachtsgeschenke ausgegeben. Spätestens im Januar 2010 werden wir dann wissen, ob dieser Wert auch im Krisenjahr 2009 wieder erreicht wurde oder nicht.