Wenn die Grenze verbinden soll – Zukunftsfonds lanciert neues Jahresthema

Foto: Vojtěch Berger, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Wo vor einem Vierteljahrhundert noch der Eiserne Vorhang bestand, gibt es heute praktisch keine Grenze mehr – das könnte man zumindest meinen. Aber aus den Köpfen ist sie nicht ganz so schnell wegzubekommen. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds sein Jahresthema für 2015 definiert.

Tomáš Jelínek  (Foto: Archiv des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds)
Zum vierten Mal hat der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ein Jahresthema ausgerufen. Es nennt sich „Grenze verbindet“ und man könnte es einen Widerspruch in sich nennen. Tomáš Jelínek ist tschechischer Vorsitzender des Zukunftsfonds:

„Ich sehe eigentlich keinen Widerspruch. Wir betrachten die Grenze als etwas, das den Horizont jener Bürger, die dort leben, eher erweitern als beschränken kann. Unser Ansatz ist, möglichst viele Leute zu inspirieren, die vielleicht das Potenzial der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit noch nicht erkannt haben und nun aufgrund unseres Angebots mit einem Nachbardorf im anderen Land eine längerfristige Zusammenarbeit anknüpfen und vielleicht sogar gemeinsame Probleme angehen wollen.“

Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven  (Foto: Archiv der deutschen Botschaft in Prag)
Und das ist durchaus wichtig. Jüngere Menschen sind zwar mit offenen Grenzen aufgewachsen. Doch muss man nicht wirklich alt sein, um andere Zeiten zu kennen. Solche Dinge beschäftigen zum Beispiel auch den deutschen Botschafter in Prag, Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven. Der Diplomat hält daher die Arbeit des Zukunftsfonds für wichtig und mahnt:

„Gerade in den letzten Jahren sehen wir, dass sich nationalistisches Gedankengut in Europa wieder auf dem Vormarsch befindet. Daran in unseren Debatten anzuknüpfen und zu zeigen, wie extrem wichtig es ist, dass man keine Mauern und Stacheldrähte in den Köpfen hat, sondern dass die Menschen zusammenfinden, sich vertrauen und die Bürgergesellschaften zusammenwachsen, das scheint mir auch noch für die Zukunft eine der großen Baustellen.“

Wie anderswo gilt das ebenfalls an der tschechisch-deutschen Grenze. Ganz klar: Das gemeinsame Engagement von Sachsen und Tschechen beziehungsweise Bayern und Tschechen hat zugenommen. Laut Tomáš Jelínek vom Zukunftsfonds bestehen aber weiter blinde Flecken an der Grenze. Orte, an denen die Menschen – symbolisch gesprochen – mit dem Rücken zueinander stünden.

Illustrationsfoto: Vojtěch Berger,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
„Es geht uns mit dem Jahresthema nicht darum, die bewährte und laufende Zusammenarbeit an der Grenze zu fördern. Die halten wir auch für wichtig und können sie vielleicht außerhalb des Jahresthemas weiter finanzieren. Mit der Möglichkeit, dass der Zukunftsfonds 70 Prozent der Gesamtkosten übernimmt, wollen hingegen wir neue Vereinigungen und Initiativen anstoßen.“

Bei der Auswahl der Projekte bestehen allerdings bestimmte Einschränkungen und Kriterien:

„Wir können wie bisher weder wirtschaftliche Projekte noch Infrastrukturmaßnahmen oder Tourismusinitiativen fördern. Sondern es handelt sich um Projekte, bei denen wirklich die Begegnung im Mittelpunkt steht und zwei Partner von beiden Seiten der Grenze zusammenarbeiten. Dabei kann es darum gehen, dass sich die Menschen zu bestimmten Anlässen treffen und kennenlernen. Möglich sind aber genauso kulturelle Projekte oder solche mit sportlichem Charakter.“

Ebenso erwünscht sind Konferenzen oder Workshops – sofern dort Wissen vermittelt wird, um gemeinsame Probleme zu lösen. In der Regel liegt die jährliche Gesamtfördersumme des Zukunftsfonds bei etwa 200.000 Euro.