Widme meinen Besuch den Opfern des Nationalsozialismus – Bundespräsident Joachim Gauck in Tschechien
Am Mittwochmorgen traf der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck zu seinem Antrittsbesuch in Tschechien ein. Gauck kam auf Einladung seines tschechischen Amtskollegen Václav Klaus nach Prag. Am Vormittag führten die beiden zunächst ein zweistündiges Gespräch auf der Prager Burg. Danach traten beide Staatsoberhäupter vor die versammelte Presse. Für Radio Prag war Lothar Martin vor Ort.
Beide Präsidenten haben betont, dass die tschechisch-deutschen Beziehungen wahrhaft freundschaftlich sind. Gauck hat besonders hervorgehoben, dass er sich auf den Besuch in Tschechien sehr gefreut habe, auch um seinen Amtskollegen einmal von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen und nicht nur über die Schlagzeilen, die die Medien ständig über Klaus produzieren. Gauck sagte, dass er vor der Wende oft in Prag gewesen sei – damals aber als unterdrückter Bürger der DDR, und sein Amtskollege Klaus noch als unterdrückter tschechischer Bürger. Heute könne man als Staatsoberhäupter der jeweiligen Länder ganz offen über alle Dinge und Probleme reden, die beide Länder bewegen, vor allem auch im Kontext der Europäischen Union. Klaus begrüßte, dass diese bilateralen und tiefgreifenden Gespräche mit Gauck zustande gekommen seien, obwohl es ja heute Mode sei, nur noch multikulturelle Debatten zu führen. Mit Gauck könne man über alles offen reden, so Klaus.
Präsident Gauck hatte ja bereits im Vorfeld seines Besuches von sich reden gemacht, indem er seinem tschechischen Amtskollegen Klaus zum 70. Jahrestag der Zerstörung von Lidice und Ležáky einen offenen Brief geschickt hatte. Darin hat er sein ausdrückliches Bedauern über die Gräueltaten des NS-Regimes während der Besatzung Tschechiens im Zweiten Weltkrieg zum Ausdruck gebracht. Wie noch kein anderer deutscher Staatsmann vor ihm hat Gauck dabei auch alle tschechoslowakischen Widerstandskämpfer, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben, gewürdigt. Hat sich Gauck dazu auf der Prager Burg noch einmal geäußert? Gauck wiederholte mehrfach, dass er seinen Antrittsbesuch in Tschechien den Opfern des deutschen Nationalsozialismus widme. Außerdem wolle er den Besuch von Lidice nicht mit anderen Themen – zum Beispiel der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Krieg – vermischen. Über sie müsse aber auch zu gegebener Zeit gesprochen werden. Auch beim Thema der Vertreibung sei man auf einem guten Weg, denn viele junge Historiker und Journalisten hätten sich dieses Themas angenommen. Gauck sagte, er wolle sich nicht in die innertschechische Debatte, die derzeit stattfindet, einmischen. Deutschland sei sich bewusst, dass der Kern allen Leidens und aller Schicksalsschläge, die der Zweite Weltkrieg gebracht habe, von den Deutschen selbst ausgegangen sei. Aber gerade, weil dies in Deutschland sehr offen und bis ins Detail debattiert wurde, habe er sich mit seinem Land versöhnen können, meinte Gauck.