Wiener Bürgermeister Franz Jonas 1965 in Prag: „Küss die Hand!“
In der Mitte der 60er Jahre herrschte zwischen Ost und West ein eher frostiges, politisches Klima. Doch es gab auch Beispiele für warmherzigen, freundschaftlichen Umgang von Politikern miteinander. Ein solches Beispiel ist der Besuch des damaligen Wiener Bürgermeisters Franz Jonas im Februar 1965 in Prag. Die Auszüge aus Interviews der damaligen Kollegen von Radio Prag mit Franz Jonas haben wir in unserem Tonarchiv aufgespürt.
Neugier war sicherlich ein wichtiger Faktor bei dem Besuch in Prag. Noch bedeutender dürfte aber das Vorhaben gewesen sein, Kontakte zwischen Österreich und seinen Nachbarstaaten zu knüpfen, denn Österreich war nach dem Zweiten Weltkrieg militärisch zur Neutralität gezwungen. Trotz der Annäherung an die westlichen Mächte auf politischer Ebene, hatte die Neutralität aber auch einen Vorteil. Man konnte gerade mit den damaligen Ostblockländern gute kulturelle wie wirtschaftliche Bande knüpfen. Diese spielten für den Wiederaufbau Österreichs eine entscheidende Rolle.
„Wir wissen, dass auch Prag sich in einer stürmischen Entwicklung befindet, und dass hier die Technik genauso rasant fortschreitet wie in anderen Städten. Die Bürgermeister sind also gar nicht so schlecht beraten, wenn sie nachschauen, wie es beim Nachbarn zugeht, und ob es dort etwas Neues gibt. Das kopiert man dann sehr gerne.“
Franz Jonas’ Familie besaß tschechische Wurzeln. So ist es nicht verwunderlich, dass er zu seinen Gefühlen gefragt wurde, die er gegenüber der Tschechoslowakei hegte. Eine Reporterin fragte ihn dabei auch nach seinen Tschechischkenntnissen:
„Könnten Sie ein paar Worte auf Tschechisch sagen?“
„Ich kann nur sagen ‚voda’, ‚chleba’, prosím’, ‚nerozumím’. Dann habe ich aber noch etwas gelernt, was Sie vielleicht interessieren wird: ‚ruku líbám milostpaní’.“
„Küss die Hand, gnädige Frau.“ Mit dieser Antwort hatte der österreichische Charmeur natürlich die Sympathie der Reporterin gewonnen. Und auch seinen Gastgebern in Prag, stellte Franz Jonas am Ende seiner Reise ein sehr positives Zeugnis aus.
„Was ich in der Stunde des Abschiedes sagen will ist, dass wir außerordentlich dankbar sind für die überströmende Gastfreundschaft, die uns die Vertreter der Stadt Prag haben angedeihen lassen.“