Wirtschaftsabsichten und Krisengespräche: Außenminister Zaorálek im Iran

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Lubomír Zaorálek hat als erster Außenminister seit Bestehen der Tschechischen Republik den Iran besucht. Damit reiht er sich ein in die Riege der Politiker und Unternehmer aus aller Welt, die seit dem Atom-Abkommen vor zwei Monaten die Annäherung suchen. Neben der Lage in Syrien und im Irak standen zukünftige Wirtschaftsbeziehungen ganz oben auf der Tagesordnung.

Lubomír Zaorálek und Mohammed Dschawad Sarif  (Foto: ČTK)
Tschechien und der Iran stehen vor einem „Neuanfang der bilateralen Beziehungen“. Mit diesen Worten würdigte Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Sonntag den Besuch von Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) in Teheran. Der tschechische Chefdiplomat trat nach dem Treffen vor die Mikrofone:

„Die Tschechische Republik begrüßt ganz eindeutig das Abkommen von Wien über das iranische Atomprogramm, denn unserer Ansicht nach eröffnet das Chancen für neue und bessere Beziehungen zwischen dem Iran und dem Westen.“

Isfahan  (Foto: Arad Mojtahedi,  CC BY-SA 3.0)
Im Juni hatten sich die fünf UNO-Vetomächte und Deutschland mit dem Iran auf ein Atomabkommen geeinigt. Umfassende Einschnitte bei der Urananreicherung und internationale Kontrollen sind darin vorgesehen, umgekehrt sollen die jahrelangen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran ab 2016 schrittweise aufgehoben werden. Seit zwei Monaten geben sich die westlichen Politiker in Teheran die Klinke in die Hand, begleitet zumeist von Wirtschaftsvertretern. Auch Tschechiens Außenminister Zaorálek war mit einer 50-köpfigen Unternehmerdelegation angereist. Noch vor den Treffen mit der Politik eröffnete er am Samstag in Isfahan ein Wirtschaftsforum, das erste Kontakte zur Wirtschaft vor Ort liefern sollte. Dabei gibt es zumindest symbolische Anknüpfungspunkte, sagte der Journalist und Asien-Experte Břetislav Tureček im Tschechischen Rundfunk:

Břetislav Tureček  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Traditionen reichen schon in die Zeit der Ersten Republik zurück. Damals hat die Tschechoslowakei dort Fabriken, unter anderem auch Waffenfabriken aufgebaut oder auch Eisenbahnlinien. Da gibt es eine ganze Reihe von Sektoren. Heute spricht man zum Beispiel wieder vom Verkehr, aber auch von der Landwirtschaft, über den Bau von Zivilflughäfen und so weiter.“

Vor genau 90 Jahren haben Prag und Teheran erste diplomatische Beziehungen aufgenommen. Zuletzt aber waren sie getrübt – nicht nur wegen des internationalen Atomstreits, sagt Břetislav Tureček:

„Die Beziehungen zwischen dem Iran und der Tschechischen Republik waren lange Jahre wirklich überhaupt nicht gut. Das hing damit zusammen, dass hier bei uns in Prag der Sender Radio Free Europe im Jahr 1998 seine Sendungen aufnahm. Der Iran hat das so aufgefasst, dass die Tschechische Republik nicht eigenständig ist, sondern quasi nur ein Lakai von Washington, und hat seinen Botschafter abgezogen. Danach hat auch der Tschechische Botschafter den Iran verlassen.“

Lubomír Zaorálek und Hassan Rohani  (Foto: ČTK)
Das soll sich in Zukunft ändern, doch für konkrete Schritte ist die Zeit wohl noch nicht reif. Beim Treffen mit dem iranischen Staatspräsidenten Hassan Rohani kam das Thema nicht zur Sprache, sagte Zaorálek. Stattdessen tauschte sich der Außenminister mit Rohani unter anderem über die Terrormiliz Islamischer Staat aus. Mit Blick auf die Flüchtlingskrise in Europa plädierte Zaorálek bei seinem Besuch für neue Lösungsansätze in den kriegerischen Konflikten der Krisenregionen:

„Es geht einfach darum, dass uns der Iran dabei hilft, die Situation zu stabilisieren und eine politische Lösung zu suchen. Denn ohne den Iran kann man meiner Meinung nach weder Syrien noch den Irak konsolidieren. Dieser Realität muss man sich stellen.“