Zehn Jahre auf Medaille gewartet: Tschechien holt Bronze bei Eishockey-WM
Die tschechischen Eishockey-Fans hatten am Sonntag Grund zu feiern. Ihr Team hat bei der WM in Finnland die Bronzemedaille geholt. In einem spektakulären Spiel wurden die US-Amerikaner besiegt.
Das abschließende Tor von David Pastrňák gegen die USA – das war für den Kommentator des Tschechischen Rundfunks bereits die vorgezogene Schlusssirene. Es bedeutete das Ende einer furiosen Aufholjagd. Denn im Spiel um Platz drei bei der Eishockey-Weltmeisterschaft fegte Tschechien am Sonntagnachmittag die Amerikaner mit 8:4 vom Eis.
Dabei hatte man nach dem ersten Drittel noch mit 1:3 zurückgelegen. Den ersten tschechischen Treffer der Begegnung markierte Jiří Černoch – im vollen Glauben an ein gutes Ende, wie er nach dem Spiel sagte:
„Es war zu spüren, dass wir das Spiel noch drehen, weil alle es so wahnsinnig wollten. Ich habe einfach gewusst, dass wir gewinnen. Aber es ist unglaublich. Und ich bin sehr stolz auf das ganze Team. Denn das Spiel um Platz drei war wirklich nicht leicht und hat sich zu Anfang überhaupt nicht nach unseren Vorstellungen entwickelt. Aber wir haben unsere Stärke gezeigt, umso süßer ist jetzt die Medaille.“
Eine Stärke, die die Tschechen bei der deutlichen 1:6-Niederlage im Halbfinale gegen Kanada noch hatten vermissen lassen. Und diese Pleite wirkte vielleicht zu Anfang auch noch im Spiel um Platz drei nach.
Erst in den letzten 20 Minuten entschieden die Tschechen den Kampf um Bronze. Das Schlussdrittel gewannen sie mit 6:1 deutlich für sich. Den Erfolg eingeleitet hatte allerdings Nationaltrainer Kari Jalonen mit zwei wichtigen Änderungen in der Aufstellung. Zum zweiten Drittel nahm er den unglücklichen Keeper Karel Vejmelka aus dem Tor und brachte Marek Langhamer für ihn. Der neue Goalie stoppte die Angriffsbemühungen der Amerikaner und wurde nachher zum „Man of the Match“ gewählt. Vor dem dritten Drittel stellte Jalonen zudem die Angriffsreihen um – das wurde zum Fanal für die Aufholjagd. Stürmer David Pastrňák erzielte dabei einen Hattrick und war voller Lobes für den Trainer.
„Ein toller Schachzug von Kari Jalonen. Das war alles sehr gut. Obwohl wir zurücklagen, wussten wir, dass wir nach dem ersten Drittel nur ein Tor brauchen, um wieder heranzukommen. Das gelang dann im Mitteldrittel. Und vor dem Schlussdrittel hatten wir genügend Selbstbewusstsein, daran zu glauben, dass wir das Spiel noch drehen“, so Pastrňák.
Mit dem Sieg und dem Gewinn von Bronze ist die längste Durststrecke im tschechischen Eishockey zu Ende gegangen. Zehn Jahre lang musste man auf eine Medaille warten, zuletzt hatte es diese 2012 gegeben. Nach vielen Versuchen mit einheimischen Trainern war im März der erste ausländische Coach der tschechischen Nationalmannschaft verpflichtet worden: der erfahrene Finne Kari Jalonen. Und nun der Erfolg, der am Sonntag auch den 62-Jährigen bewegt hat.
„Das Gefühl ist unbeschreiblich – endlich den Bann gebrochen zu haben und eine Bronzemedaille nach Tschechien zu bringen. Ich habe mit den Spielern und dem restlichen Betreuerstab gesprochen und denke, dass dies eine große Sache ist für das tschechische Eishockey. Das trifft besonders auf den Nachwuchs zu, der zehn Jahre lang nichts Vergleichbares erleben durfte. Die Nationalspieler sind für sie jetzt Idole. Ich hoffe, dass dies das hiesige Eishockey befeuern wird“, betonte Jalonen.
Ein neues Idol mag vielleicht auch der manchmal geschmähte Mannschaftskapitän Roman Červenka sein. Der 36-jährige Stürmer vom SC Rapperswil wurde nämlich produktivster Spieler der WM – mit 17 Scorerpunkten für zwölf Assists und fünf Tore.
So sehr der Medaillengewinn gefeiert wurde, weisen Experten aber schon seit langem auf die allgemeinen Probleme des tschechischen Eishockeys hin. Deswegen findet es Ex-Nationalspieler Tomáš Vlasák bei allem Jubel auch verfrüht, bereits eine Zeitenwende im tschechischen Nationalsport kommen zu sehen. So sagte er am Montagmorgen dem Sportsender des Tschechischen Rundfunks:
„Wir müssen uns mehr um den Nachwuchs kümmern und um alles, was damit zusammenhängt. Die Krise, in der sich das tschechische Eishockey befindet, haben wir sicher noch nicht überwunden. Aber die Medaille kann ein Schritt in diese Richtung sein, und darauf hoffe ich auch.“