Zeman-Kabinett entschied sich für Kauf von Überschallflugzeugen
Die sozialdemokratische Minderheitsregierung der Tschechischen Republik traf am Montag eine der gewichtigsten Entscheidungen ihrer mittlerweile dreieinhalbjährigen Amtszeit. Sie entschied sich zum Kauf von 24 neuen Überschalljagdflugzeugen für die tschechischen Luftstreitkräfte, womit sie ein halbes Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen einen der größten Staatsaufträge überhaupt vergeben will. Es handelt sich dabei nämlich um eine Investition von rund 100-Milliarden Kronen (ca. 6 Milliarden Mark), die zwangsläufig die Frage aufwirft, ob diese sich der tschechische Staat derzeit überhaupt leisten kann. Die Opposition hat jedenfalls ihre Bedenken schon zum Ausdruck gebracht. Näheres von Lothar Martin.
Das Kabinett von Premier Milos Zeman unternahm am Montag den lange aufgeschobenen Schritt zur Umrüstung der tschechischen Luftstreitkräfte. Von ihrer Entscheidung, das Angebot des schwedisch-britischen Konsortiums SAAB/BAE-Systems zum Kauf von 24 Maschinen des Typs Gripen zu nutzen, verspricht sich die sozialdemokratische Regierung eine größere Souveränität des Staates, Respekt im Ausland und einen Aufschwung für die Binnenwirtschaft. Im Raum aber bleiben die hartnäckigen Zweifel, ob Tschechien die Überschalljäger überhaupt braucht und vor allem die Frage: Wie soll der Milliardenauftrag finanziert werden? Zu Letzterem erwiderte der tschechische Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik: "Die Kosten für den Erwerb der 24 Überschallflugzeuge und das Kostenpaket für die Serviceleistungen am Boden, das auch den Kauf der erforderlichen Ersatzteile für die volle Betriebsdauer der Maschinen einschließt, bewegen sich um die 50 Milliarden Kronen. Die Betriebsdauer der Maschinen wird mit 35 Jahren angegeben, d.h. für diese gesamte Zeit sind auch die Kostenpositionen zu berücksichtigen, über die ich gerade gesprochen habe. Bestandteil des Preises sind auch die Zinsen für den aufzunehmenden Kredit, den die Regierung tätigen muss. Die Höhe der Zinsen wird auf rund 15 Milliarden Kronen geschätzt."
Eine ganz andere Rechnung machen die einschlägigen Tageszeitungen auf, die neben der Aufnahme des 50-Milliarden-Kredits zum Kauf der Flugzeuge weitere 50 Milliarden für Zinsen, den 35-jährigen Betrieb einschließlich Wartung, Reparaturen und spätere Modernisierung der Maschinen sowie den Aufbau einer Infrastruktur veranschlagen. Der Nachrichtenserver Flashnews rechnete sogar zu erwartende Kosten von 150 Milliarden Kronen vor. Dies sind dann auch die Hauptgründe, warum die Oppositionsparteien im Parlament mit Ausnahme der Kommunisten den beabsichtigten Erwerb der Jagdflugzeuge kritisieren und eine Debatte im gesetzgebenden Haus einfordern. Der Vizevorsitzende der ODS, Jan Zahradil, zum Beispiel erklärte: "Ich befürchte hiermit, dass man diese Entscheidung nicht als endgültig ansehen kann. Die Regierung stellt mit ihrer Entscheidung möglicherweise auch das Investitionspotenzial der Tschechischen Republik in Zweifel. Und was die ODS betrifft, so sind wir der Auffassung, dass es nicht möglich ist, unter diesen Gegebenheiten und auf die Art und Weise eine solch wichtige Entscheidung zu treffen, wie es die Landesregierung getan hat. Ich bin sicher, dass wir das im Parlament in einer entsprechenden Form zum Ausdruck bringen werden."
Auch die Regierung selbst traf ihren Beschluss nicht einhellig. Sowohl Finanzminister Rusnok als auch Vizepremier Rychetsky stimmten gegen den Kauf, während sich drei weitere Minister der Stimme enthielten. Es gibt jedoch auch Befürworter für diese gewagte, weil in ihrem tatsächlichen Ausmaß noch nicht konkret überschaubare Investition. Einer von ihnen, Staatspräsident Vaclav Havel, argumentierte wie folgt: "Man sollte fähig sein, auf diese Weise seinen Luftraum zu schützen - so, wie das auf zwei bis drei Ausnahmen von äußerst kleinen Ländern alle europäischen Staaten tun."
Eine hitzige und kontroverse Parlamentsdebatte ist also vorprogrammiert. Man wird sehen, wohin das Pendel bis Ende April 2002 ausschlagen wird. Bis dahin will die Regierung nämlich den Riesenauftrag mit dem schwedisch-britischen Konsortium ihren Vorstellungen zufolge vertraglich fixiert haben.