Zunehmender Milchexport nach Deutschland bedroht südböhmische Großmolkerei Madeta

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Die Milch sorgt nicht nur für Gesundheit und kräftigen Knochenbau, sondern derzeit in Tschechien auch für viel Streit. Seit Beginn des neuen Jahres hat sich der Milchexport von Tschechien nach Deutschland verdreifacht. Der größten tschechischen Molkerei, dem südböhmischen Unternehmen Madeta, fehlen auf diese Weise täglich 200 000 Liter ihres wichtigsten Rohstoffes. Inzwischen befasst sich auch das Landwirtschaftsministerium mit dem Fall. Thomas Kirschner mit Einzelheiten.

Madeta-Generaldirektor Milan Teply  (Foto: CTK)
Bis zu 350 Angestellte werde man entlassen müssen, das hatte vor wenigen Tagen der Direktor der Großmolkerei Madeta angekündigt, die von verschiedenen südböhmischen Standorten aus den gesamten tschechischen Markt mit einem Komplettsortiment an Milchprodukten beliefert. Seitdem sich die Landwirtschaftsgenossenschaft JIH entschlossen hat, täglich 2000 Hektoliter Milch an eine deutsche Großmolkerei ins grenznahe Cham zu liefern, fehlen Madeta gut 15 Prozent des Tagesbedarfs. Madeta-Generaldirektor Milan Teply sieht darin einen gezielten Schlag gegen sein Unternehmen:

"Mich überrascht vor allem, dass die deutschen Partner gerade den Angriff auf die stärkste tschechische Molkereigesellschaft gewählt haben und nicht etwa bei Molkereien begonnen haben, die schon seit vielen Monaten die Landwirte nicht mehr für ihre Einlieferungen bezahlen können."

In Deutschland können die tschechischen Landwirte bis zu einer halben Krone mehr für ein Kilo Milch erlösen, etwa 1,5 Cent. Auf dem Milchmarkt ein bedeutender Unterschied, bestätigt Erhard Richarts von der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft in Bonn. Allerdings glaubt er, dass sich die Preise beiderseits der Grenze bald auf dem gleichen Niveau einpendeln werden. Bis sich die Volkswirtschaften in einem offenen europäischen Markt aneinander angepasst haben, dürfte es aber noch einige Unruhe geben. In der Milchfrage hat sich inzwischen auch das Landwirtschaftsministerium eingeschaltet. Es wird untersucht, ob einige der Milchexporteure EU-Richtlinien über den Lebensmittelhandel missachtet haben. Madeta-Generaldirektor Milan Teply sieht sein Unternehmen benachteiligt:

"Ich protestiere dagegen, dass wir wegen der strengen Veterinärvorschriften vor dem Beitritt zur EU riesige Summen in den einzelnen Betrieben investieren mussten, und jetzt wird hier Rohmilch, also zukünftige Lebensmittel, zu Bedingungen transportiert, die in manchem ans Mittelalter erinnern."

Der deutsche Milchexperte Erhard Richarts glaubt allerdings nicht an grundlegende Missachtung von Hygienerichtlinien, schon weil sich die deutschen Unternehmen dies gar nicht leisten könnten:

"Wenn Unternehmen ein Verstoß dagegen nachgewiesen werden könnte, wäre das sehr schlecht für das Image auf der Absatzseite. Ich glaube daher nicht, dass Unternehmen dies überhaupt riskieren würden."

Was in jedem Fall bleibt, ist die aber die Absurdität des Marktes, so Madeta-Direktor Teply.

"Wir sind auf dem Niveau der Schildbürger angelangt, denn wir verarbeiten zurzeit bereits Milch, die aus Deutschland kommt."