Lebensmittelproduktion: Sobotka will europäische Lösung für Einbußen nach russischen Gegensanktionen
Am Donnerstag erst hat Wladimir Putin das Einfuhrverbot gegen westliche Lebensmittel verhängt – als Gegenreaktion auf die Sanktionen gegen Russland in Folge der Ukraine-Krise. Und schon ist die Regierung in Prag mit Schadensersatzforderungen großer tschechischer Lebensmittelkonzerne konfrontiert. Der Ausfall der russischen Märkte ist für die Firmen nur schwer zu verschmerzen. Premier Bohuslav Sobotka reicht die Klagen jedoch weiter – er sieht die EU in der Pflicht.
„Die Lastwagen müssen jetzt an der Grenze umkehren, und wir müssen Geld zurückzahlen, also das ist schon ein erstaunlicher Kampf“.
Nun sei mit steigenden Milchpreisen zu rechnen, so Teplý. Milch, Obst, Gemüse und Fleisch dürfen seit Donnerstag nicht mehr nach Russland geliefert werden, angelegt ist das Embargo für ein Jahr. Auch die tschechischen Brauereien sind betroffen. Derzeit erwirtschaften sie ein Zehntel ihres Gewinns in Russland. Zwar sind die langfristigen Folgen und finanziellen Ausfälle noch gar nicht absehbar, doch Vertreter der Landwirtschaft und Lebensmittelerzeuger reagierten besorgt. Allen voran der Großkonzern Hamé. Er produziert seit zehn Jahren auch in Russland und hat sich dort eine gute Position auf dem Markt für Pasteten, Fleischkonserven und Babynahrung erkämpft. 20 Prozent des Umsatzes sollten dieses Jahr in Russland erzielt werden. Nun drohen Ausfälle in Millionenhöhe, obwohl die russische Boykott-Liste nicht alle Hamé-Produkte betrifft. Babynahrung darf zum Beispiel weiter nach Russland verkauft werden. Martin Štrupl ist Direktor von Hamé und äußerte sich gestern im Tschechischen Rundfunk:
„Selbstverständlich sind wir als Unternehmen mit Firmensitz in der Tschechischen Republik von den möglichen Folgen betroffen. Wir haben das noch nicht kalkuliert, hoffen aber, dass die Auswirkungen minimal sind. Bislang sind die Sanktionen indirekt, sie beeinflussen unsere Produktion nicht, und wir sind noch nicht direkt betroffen. Aber im Falle zukünftiger Auswirkungen müssen wir das natürlich berechnen und uns an die tschechische Regierung wenden, auch wenn ich zustimme, dass es später eine Sache der Europäischen Union ist.“ Den Vorschlag, auf europäischer Ebene nach einer Lösung zu suchen, brachte am Donnerstag Premier Sobotka ins Spiel. Bei einer Pressekonferenz in Prag bezog er zu dem Thema Stellung:„Die Agrarsubventionen machen einen großen Bestandteil des europäischen Haushalts aus. Sie sind ein bedeutender Bestandteil der gemeinsamen europäischen Politik, der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik. Wenn die Sanktionen also größere Auswirkungen haben sollten, ist das mit Sicherheit ein Auslöser für eine Debatte auf europäischer Ebene – und für die Suche nach möglichen Kompensationen aus dem europäischen Finanzhaushalt.“
Die Folgen des Boykotts dürften nicht nur den Export beeinflussen. Die Lebensmittelproduzenten befürchten nach dem Ausfall des russischen Marktes, dass die Lebensmittel aus dem EU-Ausland nun die Tschechische Republik überschwemmen. Landwirtschaftsminister Marian Jurečka hat am Donnerstag bereits angekündigt, einen Appell an die Händler zu richten. Sie sollen nun vermehrt heimische Erzeugnisse verkaufen.