Zwischen Heimatvertriebenen und Kafka – Schriftsteller Göttfert in Prag

Constantin Göttfert (Foto: Georg bendemann, CC BY-SA 4.0 International)

Das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren vergibt regelmäßig ein Aufenthaltsstipendium. Der aktuelle Stipendiat ist der österreichische Schriftsteller Constantin Göttfert. Vergangene Woche hat er in Prag aus seinen Arbeiten vorgelesen und mit den Besuchern diskutiert. Das Themenspektrum war breit gefächert. Es wurde sowohl über die Vertreibung der Karpatendeutschen gesprochen als auch über die aktuelle Flüchtlingskrise.

Constantin Göttfert  (Foto: Georg bendemann,  CC BY-SA 4.0 International)
Prag: die Stadt, in der schon Kafka lebte und seine Werke geschrieben hat. Kein Wunder, dass ein Schriftsteller hier gerne arbeitet. Für Constantin Göttfert ging nun dieser Wunsch in Erfüllung. Bis Anfang August ist er Stipendiat des Prager Literaturhauses. Insgesamt vier Wochen lebt er in einer Wohnung direkt am Moldauufer. Gegenwärtig arbeitet Göttfert an seinem neusten Roman. Da kommt für ihn das Aufenthaltsstipendium zum richtigen Zeitpunkt.

„Gerade in der Endphase, in der ich jetzt stecke, ist es gut, wenn man sich ohne Unterbrechungen dem Text widmen kann. Die Idee dahinter ist, dass man alleine in der Wohnung arbeitet. Man bekommt die Umgebung zur Verfügung gestellt und kann sich mit seiner Arbeit beschäftigen, ohne im Alltag abgelenkt zu werden, wie zum Beispiel von den Kindern. Da ist ja sonst immer irgendwas.“

Foto: C. H. Beck
Mehrmals hat Göttfert die Geschehnisse an der österreichischen Staatsgrenze thematisiert. Sein letzter Roman „Steiners Geschichte“ handelt von der Vertreibung der Karpatendeutschen aus der Tschechoslowakei. Dieses Thema kommt nicht von ungefähr.

„Das hat familiäre Gründe. Sonst hätte ich dieses Thema nicht gewählt, weil das auch ein Minenfeld ist, in dem man aufpassen muss. Mir passiert es aber auch, dass mir Leute ihre Geschichten erzählen. Was viele gar nicht wissen: Für meinen letzten Roman habe ich mich mit der Slowakei beschäftigt, war auch sehr oft dort, weil ich dort ein Stipendium hatte. In Österreich habe ich nachgefragt, ob es eine Wanderkarte von den Kleinen Karpaten gibt. Die haben gar nicht gewusst, was die Kleinen Karpaten sind. Dabei sind diese nur 30 Kilometer weg. Das ist aber auch bezeichnend dafür, wie unbekannt die Slowakei immer noch ist.“

Göttfert selbst ist an der österreichisch-tschechoslowakischen Grenze aufgewachsen. Nun werden aufgrund der Flüchtlingsproblematik auch in seiner Heimat wieder die Grenzzäune aufgebaut. In seinem aktuellen Blog schreibt er: „Die Zäune und Wachtürme meiner Kindheit werden wieder errichtet.“ Die Flüchtlingskrise geht nicht spurlos an ihm vorbei.

Franz Kafka
„Für mich sind dieser Zaun, dieser Stacheldraht und die Wachtürme ein Symbol für Unterdrückung. Und wenn jetzt die Antwort lautet: Wir zäunen alle Länder ein! Dann Frage ich mich: Was passiert dann mit Europa? Wo ist dieses Europa, von dem wir gedacht haben, dass es ein geeinter Kontinent ist? Jetzt zeigt sich, dass Europa aus immer mehr Nationalismus besteht und dass jedes Land sagt: Wir machen dicht! Wir wollen keine Menschen rein lassen. Dann fragt man sich: Wie lange existiert dann diese EU noch?“

Wenn man in Prag arbeitet, befasst man sich natürlich auch mit dem Schriftsteller Franz Kafka. Für Göttfert ist Kafka ein großes Vorbild. Man müsse Kafka aber auch mit Vorsicht genießen und dürfe sich nicht zu ausführlich mit ihm beschäftigen, um nicht unbewusst seinen Schreibstil zu imitieren.

„Ich würde es nicht super finden, wenn die Leute sagen würden: Der versucht, wie Kafka zu schreiben. Aber ich glaube auch nicht, dass ich das tue.“