100 Jahre Attentat von Sarajevo: Gottesdienst für Thronfolgerpaar und Kriegsopfer

Foto: Martina Schneibergová

Am vergangenen Samstag, dem 28. Juni 2014, sind exakt 100 Jahre seit dem Attentat von Sarajevo vergangen. Anlässlich dieses traurigen Jubiläums wurde auch an mehreren Orten Tschechiens der Opfer des Attentats gedacht. Ein Gottesdienst für den Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie sowie für alle Opfer des Ersten Weltkriegs wurde dabei auf Schloss Konopiště / Konopischt zelebriert.

Foto: Martina Schneibergová
Schloss Konopiště war die Hauptresidenz von Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Familie, sie verbrachte dort viele glückliche Jahre. Aus diesem Grund wurde die Totenmesse für das Thronfolgerpaar auf dem Schlosshof von Konopiště gelesen. Den Gottesdienst zelebrierte der Prager Erzbischof, Kardinal Dominik Duka. In seiner Predigt ging er auf die Lage vor dem Kriegsausbruch ein.

„Auch wenn damals gelehrt wurde, dass das Menschenleben denselben Wert hat wie das Leben eines anderen Geschöpfes, so wurde man nun Zeuge dessen, wie Tausende von jungen Menschen von der Kriegsmaschinerie unter die Bajonette getrieben wurden. Es ist kaum vorstellbar, was für Gräuel diese Männer erleben mussten. Wenn man über die Opfer des Ersten Weltkriegs spricht, ist nicht nur die Rede von den Gefallenen, sondern auch von denjenigen, die verkrüppelt aus dem Krieg zurückkehrten.“

Daniel Herman  (Foto: Martina Schneibergová)
Der Krieg hätte es nicht sein müssen, sagte Dominik Duka. Man dürfe aber nicht Gott anklagen, sondern die Menschen selbst – und zwar jene, die zu bequem seien nachzudenken, um gegen Hass und Neid in ihrem Herzen anzukämpfen.

An dem Gottesdienst nahmen zudem Vertreter des staatlichen Denkmalamtes sowie Politiker und Diplomaten teil. Kulturminister Daniel Herman verriet, dass er von der Gedenkmesse zutiefst gerührt sei:

„Heute sind es genau 100 Jahre seit dem fatalen Attentat in Sarajevo. Ein Monat danach brach der Große Krieg aus. Als Folge dieses Kriegs entstanden zwei totalitäre Regime: der Kommunismus und der Nationalsozialismus. Gottseidank ist dies vorbei. Heute befinden wir uns in einem großen Raum der Freiheit. Dieser Raum muss gefüllt werden. Dies ist unsere gemeinsame Mission, unsere gemeinsame Aufgabe für die Zukunft.“

Ferdinand Trauttmansdorff  (Foto: Martina Schneibergová)
Nach dem Gottesdienst äußerte sich der österreichischen Botschafter in der Tschechischen Republik, Ferdinand Trauttmansdorff, in einem Interview gegenüber Radio Prag:

Herr Botschafter, worin sehen Sie die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs, die bis heute zu spüren sind?

„Die Auswirkungen sind die letzten Überbleibsel, gegen die wir noch anzukämpfen haben: Es sind die Reste des Extremismus und des Kommunismus in Europa. Aber viel schlimmer ist, wenn man sich die Gründe dafür anschaut, dass es nach einer langen Zeit des Friedens zum Ersten Weltkrieg kam. Dies bringt einen zum Nachdenken darüber. Man muss sich überlegen, ob ähnliche Katastrophen noch vor uns sein könnten.“

Die Historiker mögen die Frage „was wäre, wenn…“ nicht. Aber stellen wir uns doch die Frage, was wäre, wenn es zum Attentat in Sarajevo nicht gekommen wäre. Hätte sich beispielsweise Franz Ferdinand, wenn er Kaiser geworden wäre, zum böhmischen König krönen lassen?

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„Ja, das nehmen die Historiker in Österreich an, dass sich Franz Ferdinand hätte zum böhmischen König krönen lassen. Er hatte auch eine entsprechende Beziehung zu Böhmen gehabt. Allerdings es ist nicht dazu gekommen. Aber bei der allgemeinen Kriegsbereitschaft, die in Europa bestanden hat, steht in den Sternen, ob es nicht auch ohne das Attentat zu einem derartigen Krieg gekommen wäre, aber es ist sehr wahrscheinlich.“