17. November - für einige ein Tag der Bekehrung?
Der 17. November wird in der Tschechischen Republik als Staatsfeiertag begangen. Dieser Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie, wie der 17. November bezeichnet wird, ist mit zwei historischen Ereignissen verbunden - am 17.November 1939 wurden von den Nazis die tschechischen Hochschulen geschlossen. Und 50 Jahre später wurde nach dem gewaltsamen Eingreifen der kommunistischen Polizei gegen eine friedliche Studentendemonstration die Revolution gestartet, die man später mit dem Attribut sanft, bzw. samten bezeichnete und der der Zusammenbruch des kommunistischen Regimes folgte. Mit dem Datum, das inzwischen zum Symbol geworden ist, befasst sich Martina Schneibergova in ihrem Feuilleton:
Der die epochalen gesellschaftlichen Veränderungen ankündigende 17. November 1989 bewirkte bei manchen Menschen etwas, was man als eine Wunderbekehrung bezeichnen könnte. Der Saulus wird zum Paulus, stellte einmal der bayrische Politiker Josef Stingl fest, als er vor einigen Jahren während einer der vielen tschechisch-deutschen Konferenzen auf meine Bemerkung reagierte, dass es erstaunlich sei, wie oft ehemalige kommunistische Funktionäre und hochverdiente Mitarbeiter der Staatssicherheit zu Versöhnungsreisenden von Beruf im Rahmen verschiedener tschechisch-deutscher Vereinigungen geworden sind. Anzeichen für diese nahezu biblische Bekehrung kann man aber auch in anderen Bereichen verzeichnen. Eines der Beispiele hängt unmittelbar mit dem 17. November 1989 zusammen. Einer der Befehlshaber, der damals die Regie beim Eingreifen gegen die Studentendemo führte, kandidierte bei den jüngsten Kommunalwahlen in Prag. Er sei ein anständiger Kerl, hieß es von einem seiner CSSD-Parteikollegen, als vor den Wahlen die historischen Verdienste des einstigen Polizeikommandanten in den Medien bekannt wurden. Ob damit auch das anständige Vorgehen mit Knüppeln gegen die Demonstranten gemeint war, ist fraglich. Bekehrungen verschiedener Art sind also nicht nur mit der entfernten Vergangenheit verbunden. Die frisch Bekehrten brauchen aber nicht zu befürchten, dass sie das Schicksal des biblischen Saulus, der zum Paulus wurde, teilen müssen. Da wir u. a. dank dem am 17. November 1989 gestarteten großen Knall in einer demokratischen Gesellschaft leben.