8. Prager Theaterfestival deutscher Sprache
Mit der Aufführung des Schauspiels Nora von Henrik Ibsen wurde ein neuer Jahrgang des Prager Theaterfestivals deutscher Sprache eröffnet. Mehr dazu von Jitka Mladkova im folgenden Beitrag:
Am Dienstag dieser Woche hat in der tschechischen Hauptstadt ein Fest für Theaterliebhaber begonnen, zumindest für diejenigen, die sich schon seit neun Jahren auf das traditionell im Herbst stattfindende Prager Theaterfestival der deutschen Sprache freuen. Im Rahmen dieses Festivals, dem wir bereits am Sonntag in einem Vorausblick die jüngste Folge unserer Sendereihe Kultursalon gewidmet haben, präsentieren sich renommierte Theaterhäuser aus Deutschland, Österreich und aus der Schweiz und regen in dieser Zeit durch ihre Inszenierungen zumeist auch eine rege Diskussion in den Kulturspalten der tschechischen Presse an. So wird es offensichtlich auch dieses Mal der Fall sein.
Das Prager Theaterfestival deutscher Sprache wurde mit dem Stück Nora von Henrik Ibsen eröffnet, einstudiert von der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz in der Regie des in Deutschland wohlbekannten und zugleich auch kontroversen Thomas Ostermeier. Obwohl Prag bereits zwei seiner Inszenierungen, und zwar Discopigs und Feuergesicht, erlebt hat, diesmal war es doch in mancher Hinsicht anders. Das tschechische Theaterpublikum kennt Ibsens Stück Nora im Prinzip nur aus traditionellen Einstudierungen, die vor allem die Emanzipierung einer Frau akzentuierten. Die ostermaiersche Bearbeitung der Handlung und vor allem seine Auffassung der
inhaltlichen Botschaft des Dramatikers unterscheidet sich von der herkömmlichen wohl in jeder Hinsicht. Prag hat also ein Stück gesehen, das aus der Sicht des Regisseurs die Hauptmerkmale der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts reflektiert. Auch das Ambiente, in dem das Stück präsentiert wurde, gilt in Tschechien keineswegs als gängig. Als Zuschauerraum bot der Prager Messepalast, Sitz der Nationalgalerie, seine Räumlichkeit - eine Riesenhalle mit Sitzplätzen auf einer Riesengerüstkonstruktion für etwa 1000 Zuschauer. Auf einer Podiumsdiskussion mit Thomas Ostermaier, die am Mittwoch im Prager Goetheinstitut stattfand, wurde zwar festgestellt, dass Ostermeier durch die zwei erwähnten Prager Aufführungen bereits einen Teil der jungen tschechischen Theaterschaffenden beeinflusst habe - auf eine sehr positive und zugleich auch sehr provokative Weise. Dies mag so sein, obwohl von einem größeren Ausmaß einer Prägung kaum die Rede sein kann. Die Kritikerin Jana Machalicka schreibt am Donnerstag im sachlichen Tonfall: Ostermeiers Nora ist ein weiterer Beitrag zur Diskussion über die zeitgenössischen Interpretationen der Theaterregie, die den gewählten Text umgestalten und aktualisieren. Wollen wir hoffen, denn einer solchen womöglich intensiven Diskussion hat das tschechische Theater bitter nötig, völlig abgesehen davon, dass ausgerechnet Thomas Ostermeier für viele keineswegs als wegweisend gilt.