Absturz der Glasindustrie: Gewerkschaften fordern mehr Hilfe des Staates

Foto: CTK

Die tschechische Glasindustrie droht buchstäblich zu zerbrechen. Die Firmengruppe Bohemia Crystalex Trading (BCT), die zu den zehn größten Glasmacher-Unternehmen der Welt gehört, ist hoch verschuldet. Deshalb hat das Management der Glas- und Kristallfabrik Sklo Bohemia in Světlá nad Sázavou, das zu BCT gehört, am Montag seinen Angestellten mitgeteilt, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen sollen. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dazu stand der Chef der Glasmacher-Gewerkschaften, Vladimír Kubinec, im Tschechischen Rundfunk Rede und Antwort.

Glasfabrik in Světlá nad Sázavou  (Foto: ČTK)
Durch die Einstellung der Produktion in der Glasfabrik in Světlá nad Sázavou sind 1250 Arbeitsplätze gefährdet. Die Lage in der tschechischen Glasindustrie ist jedoch so prekär, dass neben BCT auch einige ihrer Tochterfirmen Insolvenz angemeldet haben.

„Wenn wir die Beschäftigten aller Firmen zusammenzählen, die einen Insolvenzantrag gestellt haben, dann sprechen wir über 7000 Arbeitnehmer“, schildert Vladimír Kubinec das Ausmaß des drohenden Arbeitsplatzabbaues in der Branche der hiesigen Glas-, Kristall- und Porzellanherstellung.

Absatzschwierigkeiten haben dazu geführt, dass die Betriebskosten begannen, die Einnahmen um ein Mehrfaches zu übersteigen, so dass BCT und deren Tochterfirmen einen Ausweg nur noch in einem Insolvenzantrag sahen. Dieser Antrag ist jedoch am 24. September vom Stadtgericht in Prag wegen Formfehlern abgelehnt worden. Ein Dilemma, das die Banken nicht ausbaden wollen, weshalb sie die Konten der Firmen fürs erste gesperrt haben. Dadurch ist auch die Lohnauszahlung der Beschäftigten für den Monat September in Frage gestellt, was Vladimír Kubinec bestätigt:

Glasfabrik in Světlá nad Sázavou  (Foto: ČTK)
„Das kann leider passieren, sollten die Banken die Sperrung der Konten aufrechterhalten. Dann könnten die Firmen den Arbeitnehmern nicht den Lohn auszahlen, obwohl diese den ganzen Monat gearbeitet haben. Und das ist einfach unglaublich.“

Die Glasmacher-Gewerkschaften wollen sich mit dieser Situation jedoch nicht abfinden und haben die Banken deshalb aufgefordert, die Sperrung der Konten aufzuheben. Auch gegenüber dem Staat, der bisher jegliche Hilfe ablehnte, fand Vladimír Kubinec deutliche Worte:

„Damit kann ich mich auf keinen Fall anfreunden, ich bin ziemlich entsetzt über die Äußerungen unserer Regierungsvertreter, die behaupten, dass der Staat in diese Prozesse nicht einzugreifen habe. Ich denke, wir müssen uns vor Augen halten, dass der Staat in diesem Fall kein gewöhnlicher Schiedsrichter auf dem Feld des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist. Im Gegenteil, der Staat ist ein bedeutender Mitinhaber in diesen Betrieben. In der Glasmacher-Holding hält er 49 Prozent der Aktien und im Bereich der Porzellanindustrie sogar 65 Prozent. Der Staat hat also Verpflichtungen wie jeder andere Firmenbesitzer, und von daher erwarte ich, dass der Staat an diesem Prozess wesentlich aktiver teilnimmt, als es bisher der Fall ist.“

Finanzminister Miroslav Kalousek jedoch hat den Glasmachern in Světlá nad Sázavou gegenüber noch am Montag erklärt, dass der Staat keine Mittel zur Entschuldung der Firma bereitstellen werde. Sollten BCT und ihre Tochterfirmen ihre Produktion für immer einstellen müssen, dann würden in Tschechien nur noch zehn Prozent der gegenwärtigen Glasproduktion am Leben bleiben.