ACTA-Abkommen gestoppt: Sieg der Straße oder normaler Gesetzgebungsprozess?

Foto: ČTK

Nacheinander haben Polen, Tschechien und die Slowakei bekannt gegeben, das umstrittene Handelsabkommen ACTA vor der Unterzeichnung noch einmal gründlich zu prüfen. Im Vorfeld war es zu zahlreichen Demonstrationen gekommen, aber auch zu Angriffen von Hackergruppen. Ein Sieg der Straße?

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Am Samstag wurde im mährischen Brno / Brünn erneut gegen das ACTA-Abkommen demonstriert, zuvor waren die Menschen auch in Prag auf die Straßen gegangen. Zudem kam es in den letzten Tagen auch in Tschechien zu eine, Hackerangriff wegen des Abkommens. Am Montag erklärte dann Premier Petr Nečas:

„Wir wollen auf keinen Fall eine Situation schaffen, durch die bürgerliche Freiheiten oder der freie Zugang zu Informationen gefährdet werden. Also haben wir den Ratifizierungsprozess dieses Vertrags gestoppt, und werden weitere Analysen durchführen.“

Ende Januar hatten die tschechischen Vertreter gemeinsam mit den Repräsentanten anderer EU-Staaten das ACTA-Abkommen unterzeichnet. Dabei geht es aber nicht um Import- oder Exportquoten oder die Beseitigung von Zollschranken, sondern um die internationale Bekämpfung von illegalen Kopien beziehungsweise um den Schutz des Urheberrechts. Gerade daran aber zweifeln die Gegner des Abkommens. Sie sehen eher die Rechte der Industrie gewahrt und fürchten um das Recht auf Meinungsäußerung im Internet. Ist der jetzige Rückzug der Regierung Nečas also ein Sieg der Protestbewegung? Přemysl Sobotka von der Regierungspartei ODS, stellvertretender Vorsitzender des Senats, verneint dies:

Ivan Bartoš
„Der Prozess wurde nicht gestoppt. Doch nun wird erst einmal die Regierung ihren Standpunkt einbringen und dann auch noch das Abgeordnetenhaus und der Senat. Der Ratifizierungsprozess ist also erst am Anfang.“

Der angekündigte Stopp des ACTA-Abkommens ist also eher Teil des normalen Gesetzgebungsprozesses. Dies sieht der Vorsitzende der tschechischen Piratenpartei, Ivan Bartoš, ähnlich. Er freue sich natürlich, dass die Gegner wenigsten eine kleine Schlacht gewinnen konnten. Aber eigentlich sei keine wirkliche Entscheidung gefallen:

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„Mich interessiert, genauso wie die Piratenpartei und alle anderen Gegner des ACTA-Abkommens, was genau der Stopp der Ratifizierung bedeutet. Werden wir das Abkommen nicht jetzt unterzeichnen, sondern in einem Monat? Oder in weiteren drei Monaten? Also erstmal hat dieser Stopp für uns keine besondere Bedeutung. Aber es freut mich, dass wir zusammen mit Polen die ersten Länder von 22 Unterzeichner sind, die es geschafft haben, den Prozess zu unterbrechen, und wir kämpfen weiter, um das das Abkommen zu verhindern.“

Am Dienstag hat sich dann auch noch die Slowakei entschieden, die Ratifizierung des Abkommens auszusetzen. Die dortige Regierung möchte das Abkommen mit den Bürgern diskutieren. In welcher Form eine solche Diskussion erfolgen soll, ist aber noch offen.