AIDS in Tschechien - niedrige Zahlen mit alarmierender Tendenz
Noch zählt Tschechien zu den Ländern mit einer vergleichsweise geringen Rate an HIV-Infizierten. Doch seit einigen Jahren steigt ihre Zahl kontinuierlich, das belegt erneut eine jetzt vorgelegte Statistik. Experten warnen vor einer Unterschätzung der Gefahr und einem allzu laxen Umgang mit AIDS-Prävention.
"Die Menschen sehen heute bereits nicht mehr die konkreten Folgen dieser Krankheit, die man früher weltweit gesehen hat. Damals gab es Fälle von bekannten Persönlichkeiten, die an einer HIV-Infektion starben und die Informationen darüber verbreiteten sich sehr schnell. Heute hingegen gibt es bereits nicht mehr so viele abschreckende Beispiele. Die Angst vor dieser Krankheit ist etwas in Vergessenheit geraten."
Einer der Hauptgründe dafür, so Bruckova, seien Nachrichten über neue Medikamente, die aber letztlich nur die Inkubationszeit verlängern helfen - sie beträgt mittlerweile 10-15 Jahre. Zu wenig werde aber darüber informiert, dass die Krankheit an sich immer noch unheilbar sei, so Bruckova. Insbesondere die jüngere Generation nehme heute die AIDS-Prävention allzu sehr auf die leichte Schulter - eine Beobachtung, die auch der Sozialarbeiter László Sümegh teilt. Er ist Koordinator des Projekts Sance, das sich bemüht, Straßenkindern in Tschechien eine Perspektive zu geben:
"Immer weniger Menschen machen sich Gedanken um die anderen. Als Streetworker hören wir immer öfter Stimmen wie: wenn man schon selber krank ist, wozu soll man sich dann noch Sorgen um die anderen machen."
Insgesamt knapp 900 Menschen haben sich in Tschechien während der letzten 21 Jahre - seit Beginn der statistischen Erfassung - mit HIV infiziert. Hinzu kommt vermutlich eine beträchtliche Dunkelziffer. Bei über 200 der registrierten HIV-Infizierten ist die Krankheit ausgebrochen, 123 sind bereits daran gestorben. Unter den Infizierten waren auch 244 in Tschechien lebende Ausländer. Während hier noch vor einigen Jahren überwiegend Afrikaner die Hauptrisikogruppe stellten, hat sich der Schwerpunkt heute nach Mittel- und Osteuropa verlagert. 60 Prozent der in Tschechien infizierten Ausländer kommen heute aus russischsprachigen Ländern.