Alles bleibt anders – Die Bürgerdemokraten nach dem Parteikongress
Ganz Tschechien schaute am Wochenende gespannt nach Prag. Dort fand der Parteikongress der regierenden Bürgerdemokraten (ODS) statt. Auf dem Programm stand am Sonntag vor allem die Wahl eines Parteivorsitzenden. Radio Prag fasst die Ergebnisse des Parteikongresses zusammen.
Das Ergebnis der Abstimmung zum Parteivorsitz der Bürgerdemokraten (ODS) kam allerdings für die meisten wenig überraschend. In der letzten Woche hatte sich schon die mangelnde Unterstützung der ODS-Regionalverbände für Topoláneks Herausforderer, den Prager Oberbürgermeister Pavel Bém, einem Protegé von Staatspräsident Václav Klaus, abgezeichnet. Abseits der üblichen Glückwunschfloskeln an seinen Widersacher Topolánek hörte man Béms Interpretation des Wahlergebnisses aufmerksam zu:
„Für mich ist das ein schwaches Mandat von Mirek Topolánek. Nur 58 Prozent der Delegierten haben für ihn gestimmt. Das ist wirklich nicht viel. Vor Mirek Topolánek liegt jetzt eine enorme Verantwortung. Wir haben viele gewagte Worte darüber gehört, was sich nun alles ändern soll. Wir müssen nun dafür sorgen, dass das keine leeren Versprechungen sind.“Was soll sich also ändern? Der alte und neue Vorsitzende Topolánek blickt jedenfalls optimistisch in die Zukunft.
„Ich garantiere dafür, dass die bürgerdemokratische Partei aus dem Kongress gestärkt und geeint hervorgeht. Denn es wurde deutlich, dass die innerparteilichen Strömungen zu einem Kompromiss kommen müssen. Und den werden wir zweifelsohne finden.“
Nach den verlorenen Kreis- und Regionalwahlen im Oktober war die ODS tief gespalten in zwei Flügel. Der Flügel um Pavel Bém machte Topolánek und die Politik seiner Regierung für das Wahldebakel verantwortlich. Topolánek und seine Anhänger wiederum sahen gerade in der Zerrissenheit der Partei, die Gründe für das schlechte Wahlergebnis. In einer starken Vereinfachung der Tatsachen lässt sich nun – nach dem Parteikongress – konstatieren, dass der eher pro-europäische Flügel um Topolánek über den europaskeptischen Flügel um Bém gesiegt hat. Politische Beobachter sehen in diesem Ergebnis aber auch eine Vernunftentscheidung. Denn: Eine Niederlage Topoláneks hätte den Fall von dessen Regierung nach sich ziehen können. Etwa drei Wochen vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Tschechien ein politisches Schreckensszenario. Angesichts der neuen Ausrichtung der ODS ging auf dem Parteikongress somit auch eine Ära zu Ende. Der Gründungsvater der ODS, Staatspräsident Václav Klaus, als scharfer EU-Kritiker bekannt und berüchtigt, hatte für die Delegierten am Samstag folgende Botschaft parat:„Diese Politik ist nicht die der ODS, die ich mitgegründet und lange Jahre geführt habe. Ich habe mich entschieden Ihnen für den Titel des Ehrenvorsitzenden der ODS zu danken. Aber diesen Titel lege ich heute an dieser Stelle definitiv nieder.“
Klaus erwägt nun sogar die Gründung einer neuen europaskeptischen Rechtspartei. Der ODS-Kongress ist zu Ende. Die Spannung bleibt.