Alma, Muse der Genies

Foto: Gerald Schubert
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Sie gilt als Muse der Genies, als größte Femme fatale des 20. Jahrhunderts: Alma-Mahler Werfel. Verheiratet war sie mit dem Komponisten Gustav Mahler, dem Architekten Walter Gropius und dem Schriftsteller Franz Werfel. Und es verband sie eine Affäre mit dem Maler Oskar Kokoschka, der sich nach der Trennung von seiner Geliebten eine lebensgroße Alma-Puppe anfertigen ließ, um über den Verlust hinwegzukommen. Das Theaterstück „Alma“ des israelischen Autors Joshua Sobol, inszeniert vom österreichischen Regisseur Paulus Manker, ist ein Mosaik ihres Lebens. Ab Sonntag ist es im Prager Palais Martinitz (Martinický palác) zu sehen.

In einem riesigen Saal des Renaissancepalais auf dem Prager Burgplatz leuchtet eine Küche aus dem Halbdunkel. Töpfe scheppern. Paulus Manker erklärt gerade eine Schlüsselszene seiner Alma-Inszenierung. Dann geht es weiter zu einer anderen Szene, in ein anderes Stockwerk. Eine Bühne oder einen Zuschauerraum sucht man hier vergeblich.

„Bei uns sind Sie in Bewegung. Sie sind den ganzen Abend lang in einem kompletten Gebäude, eben im Martinitz-Palais, von einem Raum zum anderen unterwegs. Vom Schlafzimmer in die Küche, vom Studio ins Musikzimmer, vom Bad in den Garten. Auch vor dem Haus wird gespielt, auf dem Hradschin-Platz. Sie müssen eigentlich Ihr eigener Reiseleiter sein und entscheiden, wo sie mitgehen, wo Sie stehen, wie Sie zuschauen“, sagt Regisseur Manker gegenüber Radio Prag.

Joshua Sobol und Paulus Manker
Der Zuschauer, so Manker, schlüpft in die Rolle einer Filmkamera, seine Augen sind das Objektiv.

„Er kann also wie beim Film bestimmen, wo die Kamera steht. Er kann auch bestimmen, wie nah sie steht. Er kann ganz nah an den Schauspieler herangehen und eine ‚Großaufnahme’ machen, er kann aber auch weiter weg gehen und eine Totale vom ganzen Raum machen. Er kann auch zoomen oder mit der Kamera fahren, denn er kann seine Position während der Szene ändern: Er kann hinter den Schauspieler treten, er kann etwa an die Seite des Bettes treten, er kann vor den Schauspieler treten – wie bei einer Kamerafahrt.“

Damit, so Manker, ergeben sich auch gleich ein paar Verhaltensregeln für die Zuschauer: Kameras nehmen nicht teil am Geschehen. Sie sprechen nicht, sie rauchen nicht, und sie telefonieren nicht mit dem Handy.

In den verschiedenen Räumen des Palais werden stets bis zu fünf Szenen gleichzeitig aufgeführt. Während man also eine Szene sieht, versäumt man bis zu vier andere.

„Das ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Allerdings ist es vielleicht vergleichbar mit dem Zappen beim Fernsehen, wo Sie zwischen den Kanälen hin und her springen, oder auch mit dem Internet, wo man ja auch nicht linear surft. Sie folgen einem Link, der Sie interessiert, dann gehen Sie zurück, dann lesen Sie da ein Stück, dann schauen Sie sich dort ein Bild an – also es gibt nicht die Abfolge A-B-C-D-E. Das ist auch nicht notwenig. Das Leben von Alma ist reichhaltig. Jede Szene behandelt eine Episode, und Sie müssen nicht die vorhergehende kennen, um die nächste zu verstehen. Es ist ein Mosaik.“

Mankers Empfehlung: Wenn Sie in Begleitung kommen, dann trennen Sie sich, und folgen Sie unterschiedlichen Wegen:

„Sie schauen sich gewisse Sachen an, und der andere auch. Und dann können Sie in der Pause oder nachher austauschen, was Sie gesehen haben, und das wie am Filmschneidetisch zusammensetzen zu einem Ganzen. Oder wiederkommen!“

Das Stück ist bereits um die Welt gereist, insgesamt gab es schon über 400 Aufführungen auf drei Kontinenten. Prag stand schon lange auf dem Wunschzettel von Paulus Manker. Denn das, was heute Tschechien ist, ist eng verbunden mit der Biographie von Alma Mahler-Werfel:

„Viele ihrer Männer, Liebhaber oder Freunde sind hier gebürtig. Etwa ihr erster Mann Gustav Mahler – nota bene: wir haben gerade seinen 100. Todestag gefeiert. Franz Werfel, der dritte Ehemann, ein ganz berühmter böhmischer Dichter. Alexander Zemlinsky, ihr Musiklehrer, hat ebenfalls tschechische Wurzeln. Und selbstverständlich Oskar Kokoschka, der Maler, der vor dem Ersten Weltkrieg ihr Liebhaber war. Sigmund Freud, der in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt, ist auch von hier. Und deswegen kann ich fast sagen: Prag ist kein Gastspiel, sondern ein Nachhause-Kommen.“

„Alma“ läuft bis zum 29. Juni im Prager Palais Martinitz (Martinický palác). Mehr Informationen finden Sie unter www.alma-mahler.com.

Fotos: Autor

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