Andrej Babiš verkündet Kandidatur zum tschechischen Präsidenten

Andrej Babiš und der Ano-Parteivorstand

Es war die Präsidentschaftskandidatur, die mit der größten Spannung erwartet wurde. Am Sonntag bestätigte Andrej Babiš, Chef der Partei Ano und ehemaliger tschechischer Premier, die monatelangen Spekulationen und verkündete, er werde bei den im Januar anstehenden Wahlen zum Staatsoberhaupt antreten.

In einer Hinsicht tut Andrej Babiš es schon jetzt dem Noch-Präsidenten Miloš Zeman nach: Er schneidet die öffentlich-rechtlichen Medien. Seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl, die in Tschechien am 13. und 14. Januar stattfinden wird, verkündete der Ano-Vorsitzende in einer Live-Sendung im Privatfernsehsender Nova.

Erst für Montagnachmittag hatte die Ano-Parteiführung eigentlich die Präsentation ihres Kandidaten angekündigt. Überraschend ließ Babiš aber schon am Sonntagabend die Katze aus dem Sack. Bei Nova erklärte er bemüht staatsmännisch:

„Ich bitte unsere Abgeordneten um ihre Unterstützung. Falls ich diese bekomme und Präsident der Tschechischen Republik werden sollte, werde ich an die Regierung und alle anderen Politiker appellieren, dass das Interesse der tschechischen Bürger an erster Stelle stehen und ihnen noch mehr geholfen werden sollte.“

Das Amt des tschechischen Präsidenten ist vor allem mit repräsentativen Aufgaben verbunden. Er ernennt und entlässt zudem das Regierungskabinett, hat ein Vetorecht bei der Gesetzgebung, beruft Verfassungsrichter oder auch die Mitglieder des Bankenrates.

Babiš führt für seine Kandidatur eine eher politische Agenda an. Dies wäre ein weiteres Kontinuum, falls er Miloš Zeman auf der Prager Burg ablösen sollte. Bezeichnend ist, dass der Ano-Vorsitzende kurz vor seinem Nova-Auftritt am Sonntagnachmittag bei Zeman war. Auskunft über die Gesprächsthemen wollte Präsidentensprecher Jiří Ovčáček danach nicht geben. Und Babiš selbst hatte gegenüber der Presseagentur ČTK am Freitag nur sehr allgemein geäußert, er habe mit dem Präsidenten eine Menge Themen zu bereden, zumal sie sich schon seit einem Jahr nicht gesehen hätten. Petr Hartman, politischer Kommentator des Tschechischen Rundfunks, ist überzeugt, dass die Präsidentschaftswahl bei dem Treffen eine große Rolle gespielt habe:

„Ich denke, Babiš hat dort um Unterstützung gebeten, und beide haben vielleicht eine bestimmte Taktik für die Präsidentschaftswahl verabredet. Ich glaube aber nicht, dass dies die ausschlaggebende Unterstützung für Babiš sein kann. Dennoch wird es wichtig sein, wie sich der Amtsinhaber zur Wahl seines Nachfolgers positioniert und was Zeman seinen eigenen Wählern mitteilen wird.“

Foto: ČT24

Über die Kandidatur des 68-jährigen Babiš, der aktuell als die fünftreichste Person in Tschechien gilt, wurde schon spekuliert, seit er im Oktober 2021 nach den knapp verlorenen Wahlen den Premierposten aufgeben musste. Seine Entscheidung habe er nun angesichts der Untätigkeit der Regierung getroffen, sagte Babiš im Sender Nova. Rundfunkkommentator Hartman gibt einen Ausblick auf die anstehenden zweieinhalb Monate:

„Nach den Erfahrungen der vorherigen Wahlen, in denen es vor allem um Miloš Zeman ging, ist nun zu erwarten, dass sich die kommende Abstimmung um Andrej Babiš dreht. Der Wahlkampf dürfte sehr scharf geführt werden. Manche Menschen, die Babiš nicht auf der Burg sehen wollen, werden dann eher mit dem Verstand als mit dem Herzen wählen. Das heißt, sie werden nicht ihren idealen Kandidaten unterstützen, sondern eher jemanden, der gegen Babiš erfolgreich sein könnte.“

Er rechne sich keine allzu großen Chancen auf einen Wahlsieg aus, sagte Babiš am Sonntag bei Nova. Das dürfte als Koketterie durchgehen, denn die Ano-Partei – deren starkes und deutlich sichtbares Zentrum nun einmal Andrej Babiš ist – hat eine sehr stabile Wählerschaft. Allerdings gibt der laufende Gerichtsprozess, bei dem Babiš sich wegen eines vermutlichen Subventionsbetrugs beim Bau seines Luxusressorts „Storchennest“ verantworten muss, dem Gegenlager wirksame Argumente. Und aktuelle Umfragen sehen den ehemaligen Nato-General Petr Pavel vorn.

Bei einem Pressebriefing am Montagmittag nahm Babiš dann etwas ausführlicher Stellung. Als Präsident wolle er die „Stimme aller normalen Leute sein“, und weiter proklamierte er:

„Ich denke, Sie alle kennen mich und wissen, was Sie von mir erwarten können. Ich biete nicht nur meine Erfahrungen aus der hochrangigen Politik, Diplomatie und Wirtschaft an, sondern auch meine Kontakte. Dazu gehören meine Fähigkeiten als Verhandlungsführer und Krisenmanager. Ich denke, auch im Ausland habe ich unser Land immer würdig vertreten, sei es beim Treffen mit dem US-Präsidenten oder mit weiteren Staatsmännern der Weltpolitik sowie auf Veranstaltungen, bei denen ich anstelle des Präsidenten teilgenommen habe.“

Im Gegensatz zu anderen Bewerbern, von denen es bereits über 20 gibt, hat Babiš die Frist zur Kandidatur fast gänzlich ausgereizt. Bis zum 8. November können alle Interessenten ihre Anmeldung einreichen. Dieser müssen die Unterschriften von entweder zehn Senatoren, 20 Abgeordneten oder aber 50.000 Bürgern beigelegt werden. Babiš kündigte am Sonntag an, den Weg über die Abgeordneten zu gehen. Seine Partei ist in der unteren Parlamentskammer mit 72 Mitgliedern vertreten.

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