Anklage wegen rassistisch motivierten Mordversuchs – Prozess gegen Vítkov-Attentäter hat begonnen
In der Nacht zum 19. April 2009 verübten vier Rechtsextreme einen Brandanschlag auf das Haus einer Roma-Familie im mährisch-schlesischen Vítkov. Drei Personen wurden verletzt, ein zweijähriges Mädchen schwer. Sie erlitt Verbrennungen an 80 Prozent ihres Körpers und kämpfte monatelang mit dem Tod. Die tschechische Öffentlichkeit stand unter Schock. Am Dienstag, mehr als ein Jahr nach der Tat, begann im Kreisgericht von Ostrava / Ostrau der Prozess gegen die Täter.
Strengste Kontrollen am Eingang des Gerichtsgebäudes in Ostrava, der Verhandlungssaal selbst gesichert von schwer bewaffneten Polizeieinheiten: Die Sicherheitsvorkehrungen entsprechen der großen Aufmerksamkeit, die dem Brandanschlag und seinen Folgen in Tschechien gewidmet wird. Auch wenn Politologen eine grundsätzlich Roma-feindliche Stimmung in der Gesellschaft beklagen: der monatelange Todeskampf der zweijährigen Natalka ließ die Tschechen quer durch alle politischen Lager erschaudern. Der Fall eignet sich für die Rechtsextremen nicht, um sich als angebliche Beschützer der weißen Rasse in Szene zu setzen. Die Strategie der Verteidigung ist es daher, die Angeklagten als ahnungslose Einzeltäter darzustellen.
Er habe gedacht, man fahre zu einem Lager, in dem Roma Diebesgut verstecken, sagte Ivo Müller. Dass dort Menschen wohnen habe er nicht gewusst, behauptet der gelernte Automechaniker. Sein Komplize Václav Cojocaru, von Beruf Elektriker, fügte hinzu, man habe von den Verletzten erst am nächsten Tag in den Medien erfahren. Cojocaru gab sich geläutert. Er habe nicht gut gelebt mit dem Gefühl, dass jemand zu Schaden gekommen sei, er selbst aber noch auf freiem Fuß war. Und überhaupt sei die ganze Aktion die Idee von Jaromír Lukeš gewesen, so Müller und Cojocaru unisono. Lukeš selbst schweigt bisher, ebenso wie der Vierte im Bunde, David Vaculík. Der Anwalt der Opfer, Pavel Uhl, ließ sich von dem Auftreten der vier Attentäter nicht beeindrucken. Die Aussagen, und wie sie vorgetragen wurden, hätten auf ihn keinesfalls authentisch gewirkt, so Uhl. Letztendlich werde dies aber vom Gericht bewertet.Den Angeklagten drohen 15 Jahre Haft für einen rassistisch motivierten Mordversuch. Möglich ist aber auch ein lebenslanger Freiheitsentzug. Dafür plädierte vor dem Gerichtssaal auch eines der Opfer, Pavel Kudrik. Er wurde bei dem Anschlag leicht verletzt. In erster Linie gehe es ihm aber um Gerechtigkeit für seine mittlerweile dreijährige Tochter:
„Ich würde ihnen lebenslänglich wünschen. Natálka wird ihr ganzes Leben leiden müssen. Für das was sie getan haben, sollten sie auch ihr Leben lang büßen.“Pavel Uhl, der Anwalt der Opfer fordert zudem eine Beteiligung der Attentäter an der medizinischen Behandlung Natálkas und eine Entschädigung in Millionenhöhe für das Mädchen, das ihr Leben lang entstellt und behindert sein wird. Mit einem Urteilsspruch ist jedoch frühestens Anfang Juli zu rechnen.