Apnoetauchen unter Eis: Weltrekordler David Vencl

David Vencl

Schon ein paar Sekunden im Eiswasser zu schwimmen, dürfte für die meisten von uns eine Herausforderung sein. Der Extremtaucher David Vencl hat aber Mitte März im Silsersee in der Schweiz einen neuen Weltrekord aufgestellt. Mit nur einem Atemzug tauchte er 52 Meter tief in das eiskalte Wasser. Wie man eine solche Leistung schafft und was ihn antreibt, hat Vencl im Studio von Radio Prag International erzählt.

Silsersee | Foto: YouTube

Der Silsersee liegt auf fast 1800 Meter Höhe im Oberengadin. Am 15. März war er der Schauplatz für einen Weltrekordversuch der Extreme: David Vencl holte einmal Luft, und dann verschwand er durch ein Loch im zugefrorenen See – ohne Atemgerät und Neoprenanzug. Einzige Hilfsmittel: eine Badekappe, eine Badehose und Schwimmflossen. Entlang einer Schnur tauchte der Tscheche auf 52 Meter herab. Eine Minute und 54 Sekunden dauerte es, bis er wieder an die Oberfläche kam. Zunächst war Stille…

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Dann war der Jubel da über den neuen Weltrekord, der nun im Guiness-Buch notiert wird.

Der Eistaucher aus dem nordböhmischen Teplice / Teplitz hatte sich Monate lang auf sein Vorhaben vorbereitet. Im Studio von Radio Prag International erzählte er nur fünf Tage nach dem erfolgreichen Rekordversuch:

„Ich war mir bewusst, dass ein gewisses Risiko bestand, unter Wasser das Bewusstsein zu verlieren oder mich zu verletzen. Letzteres ist auch passiert, aber es war nichts Ernstes. Ich hatte jedoch im Kopf, dass so etwas geschehen kann. Ich bin in Unbekanntes getaucht. Meine Ärzte haben mir ihre Hypothesen geschildert, was geschehen könnte. Aber es lag an mir, dies zu bestätigen oder zu widerlegen. Das war wohl das Interessante.“

Nach dem Auftauchen gab es eben den Schreckmoment der Verletzung. Denn David Vencl spuckte Blut…

„Ich hatte Blut im Mund. Jemand schrieb später, dass es auch aus meinen Ohren geblutet hätte. Dem war aber nicht so. Am ehesten war die Luftröhre leicht verletzt und hat deswegen geblutet“, so der Sportler.

Zur Sicherheit ließ sich der Tscheche noch einmal in einer örtlichen Klinik durchchecken – alles in Ordnung.

Schmerzhafter Drill

David Vencl | Foto: Ľubomír Smatana,  Tschechischer Rundfunk

Erst seit wenigen Jahren betreibt Vencl seine Extremsportart. Mit dem Tauchen begann er vor zehn Jahren. Vor fünf Jahren sei dann das Eiswasser hinzugekommen, sagt er. Schon im Februar 2021 gelang ihm die längste auf einen Atemzug und ohne Neopren-Anzug unter Eis durchschwommene Strecke: 81 Meter schaffte er im Baggersee Vápenka nahe seinem Wohnort Teplice. Doch wie kann man in so kurzer Zeit dazu in der Lage sein, zwei Weltrekorde aufzustellen?

„Das ist vielleicht die Erfahrung. Ich betreibe mehrere Sportarten. Ich bin also an Schmerzen und Training gewöhnt. Und beim Eisschwimmen bin ich nicht in kleinen Schritten vorgegangen, also etwa zunächst zwei Minuten zu probieren, dann zwei Minuten fünf Sekunden oder zwei Minuten zehn Sekunden. Stattdessen habe ich mir recht früh das Ziel gesetzt, einen Weltrekord aufzustellen. Deswegen bin ich immer an die Grenze gegangen. Und so bin ich in relativ großen Schritten vorangekommen. Nach zwei Jahren konnte ich bereits 15 oder 20 Minuten im Eiswasser schwimmen. Es war also eine Art schmerzhafter Drill.“

David Vencl | Foto: Archiv von David Vencl

David Vencl ist eigentlich Grundschullehrer für Sport und Mathematik. Ursprünglich spielt er eher Basketball oder Fußball und macht Leichtathletik. Seit 2012 betreibt er das Freitauchen, also das Tauchen ohne künstliche Atemhilfe. 2017 wurde er ins tschechische Tauch-Nationalteam aufgenommen. Mittlerweile unterrichtet Vencl auch nicht mehr, sondern bietet Kurse an im Tauchen und Eisschwimmen. In der Vorbereitung auf den Weltrekord im Eiswasser-Tieftauchen sei die mentale Seite sehr wichtig gewesen, sagt der 40-Jährige:

„Ich habe durchaus Angst bei solchen Versuchen – aber nicht unmittelbar beim Tauchgang, sondern im Vorfeld. Und diese Ängste muss ich zunächst besiegen, bevor ich an das Loch im See gehe. Mehrere Monate lang habe ich daran zusammen mit meinem Mentalcoach Miroslav Nečas gearbeitet. Er hat mich angeleitet, wie ich die Ängste überwinden kann. Wenn man jemanden fragt, was sein schlimmster Albtraum wäre, dann käme wohl so etwas heraus, wie im Wasser unter Eis zu sein und nicht zu wissen, wie man wieder an die Oberfläche kommt. Das haben mein Mentalcoach und ich perfekt abgearbeitet, sodass ich diese Angst nicht mehr hatte. Ich bin stattdessen zu einem Zustand der Vorfreude gelangt. Das war einfach toll und angenehm.“

Kopf in der Salatschüssel

David Vencl | Foto: Archiv von David Vencl

Die Jagd nach Rekorden treibt Vencl ganz offensichtlich an. Und diese dürfen auch ruhig etwas schräg sein: Einmal Luft geholt und mit dem Kopf in eine Salatschüssel voll Wasser. Erst vier Minuten später zog David Vencl den Kopf wieder aus der Schüssel.

Damit knackte er im April 2019 in der Brauerei Monopol in Teplice seinen eigenen Weltrekord im Salatschüssel-Tauchen. Das alles geschah auch noch für einen guten Zweck, nämlich um auf das Problem der Luftqualität in Innenräumen aufmerksam zu machen.

Vencl trainiert unter anderem zu Hause, wo er beispielsweise einfach beim Filmschauen die Luft anhält. Mehrfach hat er schon an Apnoe-Europa- und Weltmeisterschaften teilgenommen, sein Rekord im Wasser ohne Luft liegt bei rund acht Minuten.

Doch der erste Weltrekord im Eistauchen erforderte eine längere Vorbereitung:

„Für das Weittauchen habe ich allerdings nicht unter Eis trainiert, sondern nur in eiskaltem Wasser. Denn es ist technisch schwierig, dass mich jemand sichert, während ich unter dem Eis bin. Für die Versuche unter Eis habe ich dann immer jemanden organisiert, der auf mich aufgepasst hat. Im Training bin ich beim Weittauchen bis auf 90 Meter gekommen, beim Weltrekord dann auf 81 Meter.“

David Vencl | Foto: Archiv von David Vencl

Damit übertraf der Tscheche die vorherige Bestmarke von Stig Severinsen aus Dänemark. Doch das Eistauchen entwickelt sich dynamisch. Denn erst Anfang 2021 hatte der Tauch-Weltverband CMAS dieses als offizielle Sportart aufgenommen. Und noch im selben Jahr schraubte die Finnin Johanna Nordblad den Weltrekord auf 103 Meter hoch.

Nun hat David Vencl also eine neue Bestmarke, allerdings im Eistieftauchen. Die Frage aber ist, wie es weitergeht. Mit 40 Jahren würde man in den meisten anderen Sportarten sagen, dass langsam die Altersgrenze erreicht sei. Wie lange lässt sich also Eistauchen auf Weltniveau betreiben?

„Ich denke, so lange ich will. Ich möchte 140 bis 160 Jahre auf dieser Welt zubringen, daher habe ich noch viel Zeit. Aber jetzt im Ernst. Ich bin mir sicher, dass ich noch 10 bis 15 Jahre an Wettkämpfen auf Spitzenniveau im Freitauchen teilnehmen kann.“

Und zum Schluss hat Vencl auch noch Ratschläge für all jene, die mal das Eisschwimmen probieren wollen. Man solle sein Buch lesen und einen seiner Kurse besuchen, sagt er und muss schmunzeln. Und dann fügt er hinzu:

„Es ist sehr einfach. Man muss sich nur sagen, dass man es schafft, und dann klappt das auch. Dabei darf man aber nicht die Sicherheit vernachlässigen. Man sollte immer zusammen mit jemandem Weiteren ans Wasser gehen. Und dann nur noch genießen!“