Arbeitskräftemangel – Ukrainer sollen es richten
In Tschechien fehlen Beschäftigte in allen Bereichen. Angesichts der guten Konjunktur verschärft sich das Problem immer weiter. Deswegen will die geschäftsführende Regierung vor allem Ukrainer nach Tschechien holen. Doch die Pläne dafür funktionieren nicht, wie sie sollten. Arbeits- und Sozialministerin Jaroslava Němcová war daher vergangene Woche in Kiew und Lwiw.
„Die Ukraine steht uns kulturell und historisch sehr nahe. Der Arbeitsmarkt dort hat uns einiges zu bieten. Und die Menschen wollen auch nach Tschechien zur Arbeit kommen.“
Deswegen will Prag noch in diesem Jahr insgesamt fast 20.000 ukrainische Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen nach Tschechien holen. Doch es hakt. Administrative Hürden und Korruption bei der Visum-Vergabe verschrecken Bewerber und mögliche Arbeitgeber. Arbeits- und Sozialministerin Jaroslava Němcová:
„Selbst wenn tschechische Arbeitgeber in der Ukraine einen Beschäftigten finden und nachweisen können, dass er nicht einem tschechischen Bewerber den Arbeitsplatz wegnimmt, dauert es häufig mehrere Monate oder sogar ein Dreivierteljahr, bevor der Bewerber tatsächlich in der Firma beginnen kann.“Genau darum ging es der Ministerin und die Handelskammer-Vizepräsidentin auf einer zweieinhalbtägigen gemeinsamen Reise in die Ukraine. Man habe die Konsularabteilung der tschechischen Botschaft in Kiew sowie das Generalkonsulat in Lwiw besucht, sagte die Ressortleiterin am Montag bei einer Pressekonferenz in Prag. Auch mit Bewerbern konnten sich die Ano-Politikerin und die Verbandsvertreterin dabei unterhalten. Besonders ging es um eine besondere Gruppe künftiger Beschäftigter.
„Mich quält am meisten der Personalmangel im Pflegebereich. Das können Krankenschwestern sein, müssen aber nicht. Kurzfristig fehlen uns hier bis zu 2000 Beschäftigte, aber insgesamt sind es deutlich mehr. Ich hatte bei meiner Reise vor allem im Kopf, diesen Missstand beheben zu wollen“, so Jaroslava Němcová.
Es geht also um die Pflege von Alten, Behinderten und Kranken. Das ukrainische Personal braucht dazu eigentlich Arbeitsvisa, deren Bewilligung jedoch dauert. Das will die Ministerin mit einem Trick umgehen, wie sie nach der Pressekonferenz gegenüber dem Tschechischen Rundfunk erläuterte:
„Wir werden versuchen, die Leute über Kurzzeitvisa für den Schengenraum schnell hier herzubringen. Während sie dann schon hier arbeiten, werden wir den Antrag auf ein zweijähriges Arbeitsvisum bearbeiten.“Allerdings brauchen auch Gewerbe und Industrie eine Menge zusätzlich Kräfte, die auf dem tschechischen Arbeitsmarkt nicht zu finden sind. Die Vizepräsidentin der tschechischen Handelskammer, Bartoňová Pálková:
„Wir wollen Arbeitskräfte mit geringer oder mittlerer Qualifikation hier herholen. Das reicht von Schneidern über Verkaufspersonal, Lagerarbeiter, Maschinisten bis zu Fahrern oder Technologen.“
Die Regierung testet übrigens auch, Beschäftigte aus der Mongolei und von den Philippinen anzuwerben. Doch wie man es dreht, der Bedarf übersteigt alle bisherigen Möglichkeiten. Industrieverbände schätzen, dass in Tschechien bis zu 200.000 Arbeitskräfte fehlen.